Das Archiv in der Max Gandolph Bibliothek nimmt bei der Landesausstellung "Großes Welttheater - 100 Jahre Salzburger Festspiele" im Salzburg Museum eine ganz besondere Rolle ein, denn es beherbergt 100 ausgewählte Schätze der Festspielgeschichte, die dort erstmals einer breiten Masse zugänglich gemacht werden. Fünf davon haben einen besonders genauen Blick verdient.

"Einen direkten Grundgedanken bei der Auswahl der Stücke gab es nicht direkt, aber die Dreidimensionalität der Objekte war uns wichtig und, dass diese repräsentativ für 100 Jahre Festspielgeschichte stehen", erklärt Susanne Anders im Gespräch mit der APA, die bei den eigens ausgeschriebenen Archivstunden im Salzburg Museum auch mal ganz exklusive Gegenstände aus den Laden holt, die sonst nicht begutachtet werden können. Eineinhalb Jahre war Anders mit an der Konzeption des temporären Archivs beschäftigt, das jetzt Gegenstände zeigt, die normalerweise nur Wissenschafter und geschichtlich interessierte Journalisten im Archiv zu Gesicht bekommen.

In den Gedanken von Festspiel-Gründervater Max Reinhardt stöbern, das ist dank eines ausgestellten Regiebuchs von Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" möglich. Bis in die 1930er-Jahre notierte Reinhardt in verschiedenen Farben Anmerkungen zu räumlichen Gegebenheiten, Figuren und Auftritten. Die Farben sind darin nicht willkürlich gewählt. Mit schwarzem Stift wurden die Eintragungen zur Berliner Uraufführung 1911 gemacht, blau schrieb er die Notizen zur Fassung für den Salzburger Domplatz 1920 und in roter Tinte sind die Bemerkungen des Gastspiels in New York 1927 verfasst.

Eine Dirigierpartitur von Karl Böhm aus dem Jahr 1943 gewährt Einblicke in die Gedanken zu einer düstereren Zeit. Hitler verbot in diesem Jahr die Festspiele. Anstelle derer fand der sogenannte "Salzburger Theater- und Musiksommer" statt. Immerhin konnte dabei unter der Leitung von Karl Böhm Richard Strauss' Zweites Hornkonzert von den Wiener Philharmonikern uraufgeführt werden, deren Leitung Böhm Anfang des Jahres übernommen hatte. Auch Böhm wählte wie Reinhardt für seine Salzburger Notizen die Farbe blau. So findet sich zumindest farbsymbolisch ein wenig Hoffnung zwischen den Noten.

Ebenfalls aus den 1940er-Jahren stammt Attila Hörbigers rot-grünes Kostüm des "Jedermann". Nachdem die Nazis bis zum Jahr 1945 Aufführungen des "Jedermann" verboten hatten, konnte die Reinhardt-Witwe Helene Thimig die Salzburger Festspiele 1947 wieder mit dem Stück eröffnen, in dem Hörbiger das prächtige Gewand auf dem Domplatz trug.

Nicht nur die Kostüme bei den Festspielen waren und sind auch heute noch prächtig, sondern auch die Bühnenbilder. Besonders detailreich ist das Bühnenbildmodell der Don Giovanni Stadt aus dem Jahr 1956 von Clemens Holzmeister, dessen Entwürfe zur Kulisse für die Mozartoper ebenfalls ausgestellt sind. Inmitten der Felsenreitschule erschuf Holzmeister seine Vision nach Vorbild der Faust-Stadt, die ebenfalls in der Landesausstellung dokumentiert ist. Paul Czinner dokumentierte die fertige Kulisse außerdem in einer Filmaufnahme.

Wie viel Liebe zum Detail alleine in den Kostümen steckt, zeigt eine Figurine von Georges Wakhevitch zum Kostüm der Elisabetta aus Herbert von Karajans Inszenierung von Verdis "Don Carlo" aus dem Jahr 1975, der einzigen Operninszenierung des Jahres. Das blau-weiße Festkleid trug auf der Bühne der Salzburger Festspiele Sängerin Mirella Freni, auf der auch Placido Domingo stand, der in diesem Jahr nicht nur sein Rollen-, sondern auch sein Salzburgdebüt gab.

"Großes Welttheater" im Salzburg Museum: 26. Juli 2020 bis 31. Oktober 2021, www.salzburgmuseum.at