Geistervorstellungen hat es in Theatern zuletzt wirklich mehr als genug gegeben: zuschauerlos und nur fürs Kameraauge. Wenn heute Marta Navaridas und Alex Deutinger im Grazer Schauspielhaus zur Premiere bitten, hat das Wort eine andere Bedeutung: Die Geistervorstellung, die Navaridas choreografiert hat und Deutinger spielt, erzählt von einer gespenstischen Hülle und dem Wesen darunter: „Hausgeist“ heißt das Solo.Es ist nicht die erste Kooperation der beiden mit dem Schauspielhaus - aber vielleicht die längstdauernde: Schon im Frühjahr hätte das Stück uraufgeführt werden sollen.

Überlieferterweise ist ein Hausgeist an einen bestimmten Ort gebunden. „Wir haben uns also überlegt“, erzählt Navaridas, „was man einen solchen Geist fragen sollte.“ Zum Beispiel: „Hast du jemandem zum Reden, wenn du traurig bist? Spürst du deinen Körper noch? Was bedeutet es für dich, unsichtbar zu sein?“

Im Kontext von Pandemie und sozialer Isolation klingen solche Fragen jetzt erst recht gespenstisch; davon abgesehen, sagt Deutinger, habe sich ohnehin gezeigt: „Alles, was man einen Geist fragt, fragt man eigentlich sich selbst.“ Was natürlich auch heißt: Das Leintuch, das man sich als Performer überwirft, hilft auch dabei, in sich selbst hineinzuhören. Und die Geistergeschichte, die man erzählt, erzählt auch einiges über einen selbst.

Alex Deutinger als "Hausgeist": Das Solo ist ab 15. Juni im Grazer Schauspielhaus zu sehen
Alex Deutinger als "Hausgeist": Das Solo ist ab 15. Juni im Grazer Schauspielhaus zu sehen © SSH/Lamprecht

Situationen und Themen, die einander auf unerwartete Weise durchdringen, könnte man ein Markenzeichen von Navaridas und Deutinger nennen: Die eigentümliche Bildpoesie, erzählerische Kraft und sinnliche Körperlichkeit ihrer Projekte hat in den letzten Jahren europaweit Eindruck gemacht. Projekte, Gastspiele, Residencies zwischen Bologna und Amsterdam führten allerdings auch dazu, „dass wir uns sechs Jahre lang nirgends länger als zwei Wochen aufgehalten haben“, sagt Navaridas. „Es kam vor, dass wir ein Stück in drei, vier Städten geprobt haben.“

Schon vor Corona beschlossen die beiden daher, in Europa nicht mehr zu fliegen, „weil wir zuviel unterwegs waren, und weil es nicht nachhaltig ist.“ In einer Szene, die sich nach Kräften international orientiert, sehnten das Duo sich nach mehr Lokalität. Die pandemiebedingt dann auch noch "dramatisch verstärkte" Standorttreue bei den Proben in Graz hatte, wie sich alsbald zeigt, noch einen anderen, unerwarteten Effekt für die langjährig Weltreisenden in sachen Performance: „Zum allerersten Mal“, sagt Deutinger, „spiele ich jetzt auf Deutsch.“

Hausgeist. Von Navaridas & Deutinger. Graz, Schauspielhaus 2. Premiere am 15. Juni, 20 Uhr. Weitere Termine: 23., 24., 25. Juni. schauspielhaus-graz.com