Eine echte Wiederentdeckung ist dem Burgtheater mit diesem Stück, dieser Autorin gelungen: Barbara Frey hat am Akademietheater Anna Gmeyners „Automatenbüfett“ inszeniert. Das Stück wurde 1932 in Zürich uraufgeführt, da war Gmeyner, in Wien geboren, schon längst nach Berlin, dann nach Edinburgh weitergezogen, die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang die aus einer jüdischen Familie stammende Autorin in den Dreißigerjahren dann ins politische Exil. So erklärt sich vielleicht, warum sie bei uns bisher so gut wie vergessen ist. Aber „Automatenbüfett“ hat eine Schärfe und einen Witz, der sehr heutig ist.

Das Stück handelt von einem Amateurfischer namens Adam, der mit seiner Frau das titelgebende Etablissement betreibt und von Prosperität durch professionelle Teichwirtschaft träumt: Stünde der Bevölkerung billige „Fischnahrung“ zur Verfügung, würde die Kleinstadt aufblühen, glaubt er. Als er aus einem der städtischen Teiche eine junge Frau zieht, die sich dort in selbstmörderischer Absicht zu versenken versuchte, scheint er seinem Traum ein Stück näherzukommen: denn die Honoratioren, die seinen Plänen bisher eher reserviert gegenüberstanden, finden an der nixengleichen Eva, die Adam bei sich aufnimmt und die er bittet, sich für seine Ideen zu verwenden, großes erotisches Gefallen. Adams unglückliche Ehefrau und ein verschlagener Hausgast verkomplizieren dann allerdings den schönen Plan. Am Ende zieht ein Liebespaar von dannen, das zwar vielleicht „kein richtiges“ ist, aber dem Karpfenteich Kleinstadt gerade noch entkommen ist.

Das alles kleidet Gmeyner in ein satirisches Volksstück, das in seiner Künstlichkeit und seinen schmerzhaften Pointen durchaus an Horvath erinnert. Regisseurin Barbara Frey und Bühnenbildner Martin Zehetgruber tauchen diese Bühnenerzählung in eine Atmosphäre, in der sich zwischen Kleinstadtmief und ranziger Männlichkeit, naivem Fortschrittsglauben und Alltagsantisemitismus ein Undinenzauber entfaltet, der von einem köstlich zusammen spielenden Quartett getragen wird: Katharina Lorenz gibt in geschmeidig schlingender Bewegung das kühle Objekt der Begierde, Michael Maertens den gemütlich-weltfremder Fantasten, Christoph Luser einen hungrigen Trickster auf der Suche nach einem warmen Bett. Über allen strahlt Maria Happel, die als prosaische Pfennigfuchserin von Ehefrau trittsicher am Grat zwischen Tragik und Farce entlang trippelt. Und Fortschortt vollzieht sich am Ende auch. Nur nicht os, wie er erdacht und erträumt wurde, aber das ist man 2020 ja schon gewohnt. Sehr langer Applaus für einen Abend der, angesichts des drohenden Lockdowns, hoffentlich nicht einer der letzten in diesem Kulturherbst war.