Heute. Hieß es seit Wochen. Oder doch erst demnächst? Bis gestern Abend gab die Regierung jedenfalls keinen Termin bekannt. Dabei wartet Österreichs gesammelte Kulturszene auf die Verkündigung - auf den Tag, an dem Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek endlich ihren Stufenplan zur Wiederbelebung des Kulturbetriebs vorstellt. Es wird ein, wie man vermuten darf, komplexes Aktionsmodell, das die Sicherheit der Mitwirkenden vor, auf und hinter den Bühnen regeln muss, Abstands- und Besucherlimits, Probenbetrieb, Publikumsmanagement etc.

Wie rigoros bzw. wie umsetzbar die Bestimmungen sind, wird über das noch verbleibende Programm dieses Kulturjahres entscheiden, ein Großteil der in den kommenden Wochen und Monaten geplanten Veranstaltungen und Festivals ist ja bereits abgesagt. Seit heute gilt das leider auch für das Grazer DramatikerInnenfestival, das heuer sein erstes kleines Jubiläum feiern wollte: Die fünfte Ausgabe wird auf 2021 verschoben. Die Erfinderinnen des auf junge Dramatik spezialisierten Festivals, UniT-Leiterin Edith Draxl und Schauspielhaus-Chefin Iris Laufenberg, hoffen aber, Programmschwerpunkte wie „Frauen im Theater“ ins nächste Jahr mitnehmen zu können. Höchst fraglich ist hingegen die Verschiebung das „Young Europe Festival“ der European Theatre Convention für junges Publikum. Detto, ob es die heuer eingeladenen Gastspielproduktionen (und die sie produzierenden Gruppen) im kommenden Jahr überhaupt noch geben wird.

Das Dilemma des Festivals spiegelt die Probleme wider, vor denen viele Bühnen derzeit stehen: Dass Europas junge Theaterszene in Folge der Coronakrise kaputtgespart wird, ist für die Theatermacherinnen ein reales Bedrohungsszenario. Zwar wurde, vor allem auf regionaler und kommunaler Ebene, mit Fördermaßnahmen, Auszahlungen, Aufschüben vorerst rasch Erleichterung geschaffen, „was wirklich immens hilfreich war“, wie Draxl betont. Aber der lange Kulturstopp und seine Kosten werden auch für die institutionalisierten und finanziell entsprechend abgesicherten Häuser Folgen zeitigen.

„Zwei, drei Premieren weniger“, schätzt Laufenberg, wird das Grazer Schauspielhaus in der nächsten Saison haben. Draxl warnt vor den längerfristigen Folgen derartiger Entwicklungen: „Zu erwarten ist, dass viele Häuser an Nebenspielstätten und Uraufführungen sparen werden. Aber DramatikerInnen leben davon, dass sie aufgeführt werden.“ Nicht nur in finanzieller Hinsicht: Wirkung und Vielfalt des jüngeren österreichischen Theaters verdanken sich auch der Aufbauarbeit von Einrichtungen wie UniT und Produktionen, die sich aus Theaterkooperationen und Festivaleinladungen ergeben – sowie „aus den sehr unterschiedlichen Möglichkeiten, das Publikum zu adressieren“, die in einem derart offenen Umfeld machbar werden, so Draxl.

Stars wie Ferdinand Schmalz, Miroslawa Svolikowa, Ewald Palmetshofer, Natascha Gangl „tauchen nicht einfach aus dem Nichts auf. Ihr Erfolg ist auch das Ergebnis solcher Vorarbeit“, sagt auch Laufenberg. Im Schauspielhaus selbst sind vorerst alle Vorstellungen im Mai und Juni abgesagt. Die Vorbereitungen für die nächste Spielzeit sind aber ebenso im Laufen wie Proben, soweit sie möglich sind („Wir müssen ja auch die Sicherheit unserer SchauspielerInnen gewährleisten“). Im Juni soll der Spielplan für 2020/21 vorgestellt werden, und ganz aufgegeben hat Laufenberg auch die aktuelle Saison noch nicht: „Wir planen für Ende Juni ein Abschlussevent.“ Ob und wie das gehen kann, wird die heutige - oder wenigstens hoffentlich baldige - Verkündigung zeigen.