Gestern noch wollte man den Betrieb aufrecht erhalten: Nun haben mit Mittwoch 11 Uhr auch die Museen des Universalmuseums Joanneum in der Steiermark den Ticketverkauf eingestellt, sagte Kulturlandesrat Christopher Drexler (ÖVP) bei einer Pressekonferenz nach einer Sondersitzung der Landesregierung. Die Standorte werden vorerst alle geschlossen, ebenso die Landesbibliothek und das Landessportzentrum. Auch das Leopold Museum in Wien bleibt bis Ende März geschlossen, detto das Wien Museum.

Auch die österreichischen Bundesmuseen werden als Maßnahme zur Eindämmung des Coronavirus heute nicht aufsperren und bis zumindest Ende März geschlossen bleiben. Nach Vorliegen des ausformulierten Erlasses der Regierung habe sich die Bundesmuseen-Direktorenkonferenz in der vergangenen Nacht entschlossen, einer entsprechenden Empfehlung zu folgen, sagte ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger der APA.

Die Formulierungen des Erlasses hätten Interpretationsspielraum gelassen, so Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder. Man habe aber eine einheitliche Lösung für alle Häuser angestrebt, die der Empfehlung des Bundeskanzleramtes und des Kunst- und Kulturstaatssekretariats Folge leiste. Die Albertina sagt den heutigen Pressetermin für die neue "Albertina modern" ab und verzichtet auch auf die für Freitag vorgesehen gewesene erstmalige Publikumsöffnung der neuen Räumlichkeiten im renovierten Künstlerhaus. Man hoffe, im April aufsperren zu können und werde dann auch die abgesagten Eröffnungsfeierlichkeiten nachholen.

Die Österreichische Nationalbibliothek schließt auch ihre Lesesäle, sagte Rachinger, die derzeit den Vorsitz der Bundesmuseen-Direktorenkonferenz innehat. In den vergangenen Tagen seien vor allem in den normalerweise stark von Touristen frequentierten Museen große Besuchereinbußen zu verzeichnen gewesen. Auch zahlreiche eingemietete Veranstaltungen seien bereits von Kunden abgesagt worden. Der Entfall von Eintrittsgeldern und Mieteinnahmen werde in den Museen zu einer schwierigen wirtschaftlichen Situation führen, die sicher thematisiert werden müsste. "Es wird schwierig werden, unsere Budgets zu halten."

Zahlreiche Einrichtungen betroffen

Angesichts des Verbots von Veranstaltungen mit über 100 Personen (in Räumlichkeiten) beziehungsweise 500 Personen (im Freien) haben auch andere Institutionen mit Absagen reagiert:

  • Die Bühnen Graz sagen alle Veranstaltungen bis Anfang April ab. Betroffen sind Schauspielhaus Graz, Oper Graz, Next Liberty und die Grazer Spielstätten (Orpheum, Dom im Berg, Schloßbergbühne Kasematten).
  • Ebenso die Wiener Staatsoper, Burgtheater, das Theater in der Josefstadt oder das Wiener Konzerthaus.
  • Der diesjährige Austrian Amadeus Music Award, der heuer zum 20. Mal stattgefunden hätte und am 23. April in der Wiener Stadthalle geplant war, wird verschoben. An einem Ersatztermin wird noch gearbeitet.
  • Das Rabenhof Theater stellt vorerst seinen kompletten Spielbetrieb ein.
  • Die WienerStadthalle, Österreichs größte Eventhalle, sagt bis Anfang April einmal alle Termine ab. 23 Shows sind betroffen.
  • Das Volkstheater sagt alle Vorstellungen in der Halle E (MQ) bis auf Weiteres ab. Der Vorstellungsbetrieb im Volx/Margareten und in den Bezirken soll Aufrecht bleiben.
  • Auch das Klagenfurter Stadttheaterbleibt bis voraussichtlich Anfang April geschlossen.

"Das ist eine enorme neue Situation". Bernhard Rinner, Chef der steirischen Theaterholding, ist die Anspannung anzumerken: Der Regierungsbeschluss, alle Indoor-Veranstaltungen mit mehr als 100 Leuten zu verbieten, stellt den Opern- und Theaterbetrieb vor praktisch unmöglich zu bewältigende Herausforderungen. "Ich kann mich ja nicht mit dem Zählgerät vor die Oper stellen und bei 100 Besuchern die Türen schließen", sagt der Holding-Chef. Alle Veranstaltungen auf allen Bühnen von Oper Graz, Schauspielhaus Graz, Next Liberty Kinder- und Jugendtheater sowie den Grazer Spielstätten (Orpheum, Dom im Berg, Schloßbergbühne Kasematten) sind ab sofort bis Anfang April abgesagt. Den Wert von bereits gekauften Tickets für Veranstaltungen zwischen 10. März und Anfang April erhalten Käufer über jene Vorverkaufsstelle, über die das Ticket gekauft wurde, in voller Höhe rückerstattet.

"Wir stehen ja nicht zuletzt vor multiplen Rechtsfragen, die uns auch die Anwälte derzeit noch nicht beantworten können", stellt Rinner fest - etwa was Gastverträge mit Künstlern betrifft. "  Er halte die 100-Personen-Grenze für Publikumsveranstaltungen aber jedenfalls für "problematisch", stellt der Holding-Chef fest: "Ich bin dafür,  hier eine pragmatische Lösung für Publikum und Veranstalter zu schaffen." Auch Dietmar Tschmelak, Programmchef von "Soundportal" und Betreiber des ppc in Graz, sieht die 100-Menschen-Grenzen kritisch: "Ich möchte die Gefährlichkeit der Situation nicht runterspielen, aber für Clubs und kleinere Veranstalter ist diese Maßnahme natürlich eine Katastrophe. Bei uns in Österreich ist zuerst wochenlang nichts oder wenig passiert - und jetzt plötzlich diese Limitierung auf 100 Besucher. Das ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar. In anderen Ländern wurde eine Grenze von 1000 Leuten bei Veranstaltungen eingezogen." Tschmelak weiter: "Für die Branche bedeutet das natürlich enorme Einbußen und die große Frage ist, wie uns geholfen wird, um das finanziell zu überstehen." Auch er hat bis auf weiteres alle Konzerttermine abgesagt und will Ersatztermine für den Herbst  finden.

Die Homepage der Grazer Spielstätten zeugt von den Absagen.
Die Homepage der Grazer Spielstätten zeugt von den Absagen. © Screenshot

Ewald Tatar, mit "Barracuda-Music" der größte Konzert- und Festivalveranstalter des Landes, sieht die Situation so: "Wir haben vorerst bis April alle Konzerte abgesagt und sind jetzt schon dabei, Ersatztermine für Herbst und Winter zu finden. Wir sind bemüht, so viele Konzerte wie möglich verschieben zu können und möglichst wenig ausfallen zu lassen. Da dürfte auch klappen." Um die großen Festivals im Sommer - Nova Rock und Frequency zum Beispiel - macht sich Tatar noch keine Sorgen. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Lage bis dahin normalisiert hat und die großen Festivals in Österreich auch stattfinden können."

Inzwischen setzen manche auf originelle Zwischenlösungen: die Wiener Rapper Kreiml & Samurai haben ihr erstes Gratis-Konzert via Livestream angekündigt: "Um die Wartezeit auf die Ersatztermine im Herbst zu verkürzen, melden sich Kreiml & Samurai am 21.3.2020 für ein Konzert via kostenlosem Livestream zruck aus der Quarantäne", so die Wiener in einer Presseaussendung.

Auch Grazer Literaturhaus betroffen

Betroffen ist auch das Grazer Literaturhaus, wo erst am Montag eine Lesung mit Valerie Fritsch mit mehr als 250 Zuschauern stattgefunden hat. Die vorläufig letzte Veranstaltung dieser Größenordnung. "Leider müssen auch wir alle geplanten Veranstaltungen bis einschließlich 3. April 2020 absagen. Wie es danach, also nach den Osterfeiern, weitergeht, wird sich weisen", sagt Literaturhaus-Leiter Klaus Kastberger.

Diagonale abgesagt

Die Diagonale, das Festival für den Österreichischen Film, das für 24. bis 29. März in Graz geplant war, wurde ebenfalls abgesagt.

Die Kinos dürften allerdings ein bisschen Freiraum haben: Das KIZ Royal Kino in Graz hat heute einmal aufgesperrt. "Noch haben wir nichts Offizielles gehört, wir warten auf den Erlass", sagt Geschäftsführerin Barbara Brunner. Man halte sich an die Grenze, nicht mehr als 100 Personen in den Saal  zu lassen. Ähnlich handhaben es auch in Wien Kinos wie das Gartenbaukino, das Filmmuseum oder das Filmcasino. Der Kinobetreiber Cineplexx will seine Kinos offen halten und Filme nur mit bis zu 95 Karten pro Vorstellung verkaufen, wobei zwischen zwei Zuschauern immer ein Platz frei bleiben soll. "Das haben wir in unserem Online-Reservierungs-Tool bereits veranlasst", heißt es. Verunsichert zeigt sich dagegen Kinobetreiber Anton Primschitz vom Grazer Schubertkino: Ich habe mein Personal vorerst noch nicht nachhause geschickt und wir werden den Betrieb aufrecht erhalten, solange es keine gegenteiligen Informationen gibt", sagt er. 

Jazz finden statt, Musikverein schließt

Die Kunstuniversität Graz hat auf Basis aktueller Anweisungen der Bundesregierung zum Schutz vor Sars-CoV-2 mit sofortiger Wirkung alle ihre Veranstaltungen bis voraussichtlich Anfang April 2020 abgesagt. Die Graz Jazz Night am Freitag, 13. März, ab 19.30 Uhr findet statt. Das bestätigten Gerhard Kosel (gamgbART) und Otmar Klammer (Stockwerkjazz), die sich mit den restlichen fünf Veranstaltern darauf einigten, die 10 Acts in 18 Sets an 7 Spielorten durchzuführen, weil diese ohnehin nur für eine Kapazität unter 100 Zuschauern konzipiert sind. U. a. mit dem KUG Masterensemble, dem Jazztett Forum Graz, Jazzwerkstatt, Keita/Brönnimann/Niggli-Trio u. v. a. One4All-Ticket (auch für Bus-Shuttle) um 20 Euro: Tel. (0316) 83 02 55, jazznacht.grazjazz.at

Jazzliebe/Spring: Der Auftakt mit Mnozil Brass (11. März, 18 Uhr im zentrum Feldbach) ist definitiv angesagt, laut Veranstalter kunstdünger wird aber bereits an einem Ersatztermin im Herbst gearbeitet. Sonst sollen aber Bei den sechsten oststeirischen beim  momentanen Stand der Dinge alle weiteren 14 feine Konzerte (bei einer Zuschauerkapazität unter 100) wie geplant stattfinden, u. a. mit Ulrike Tropper & Gregor Hernach, Mela Marie Spaemann & Christian Bakanic, Ulrich Drechsler, Folksmilch. Den Reigen beschließt am 10. Mai übrigens die Französin Cyrille Aimée (35), vom Wall Street Journal als „eine der vielversprechendsten Jazz-Sängerinnen ihrer Generation“ geadelt. Karten: Tel. 0664 383 9999, www.jazzliebe.at

Dramatisch auch die Auswirkungen für den GrazerMusikverein. Alle für März geplanten Konzerte werden verschoben. Stattfinden sollen sie stattdessen in der nächsten Saison, hießt es auf Nachfrage: „Wir suchen Ersatztermine für alle Veranstaltungen und die Karten behalten die Gültigkeit.“

Das Forum Stadtpark wiederum wird eine Club-Nacht am Samstag absagen, "weil wir da mehr als 100 Leute erwarten würden", so Leiterin Heidrun Primas. Die für Freitag angesetzte Ausstellungseröffnung "WERK_10 - Anna Vasof_Happy Birthday" wird aber stattfinden. "Das machen wir mit einer Zählung", so Primas. Man nehme die Verordnung ernst, "aber Panik ist immer ein schlechter Begleiter. Wir versuchen, der Angelegenheit mit Gelassenheit zu begegnen", stellt die Forum-Chefin klar. Unter einer Bedingung: "Sollte es so sein, dass sich die Verordnung auf die Fassungsvermögen, bzw. die erlaubte Besucher*innenzahl laut Betriebstättengenehmigung bezieht, dann müssen wir auch absagen."

Angespannte Situation auch bei Kleineren

Was bedeutet die Entscheidung der Bundesregierung für die kleineren Theater des Landes?  „Wir haben bisher noch keinen Rückgang erlebt“, sagt Peter Faßhuber, künstlerischer Leiter des Theater Oberzeiring (Theo) und des Theaterland Steiermarks. Das Coronavirus sei bisher noch „kein großes Thema“ am Theo gewesen und auch von den Einschränkungen ist es mit seinen 99 Sitzplätzen nicht direkt betroffen. Abzuwarten bleiben die möglichen indirekten Folgen und die Antwort auf die Frage, „ob letztlich die Vorsicht oder der Hunger auf Theater größer sind“. Eine deutliche Zurückhaltung der Zuschauer erlebt das Theater Lechthaler-Belic, wo am Freitag die neue Produktion „Besuch bei Mr. Green“ Premiere feiert. Zahlreiche Premierenkarten seien schon zurückgelegt worden, erzählt Nikolaus Lechthaler, der befürchtet, „dass mittelfristig auch kleine Theater von der Corona-Einschränkung betroffen sind.“

Das Graz Museum hat die für Mittwoch geplante Vernissage "Stadt sucht Berg" abgesagt, aber die Ausstellung wird wie geplant zu sehen wird. „Vorerst Abwarten“ heißt es auch für die Kulturinitiative Wies. Die nächste Premiere des mit 50 Sitzplätzen ausgestatteten Theaters ist für 27. März festgelegt. Derzeit ist in Wies eine Ausstellung von Katharina Sieghartsleitner und Miriam Raneburger zu sehen („Ich höre mich an wie meine Mama“). Die Grazer Stadtbibliothek und die SteiermärkischeLandesbibliothek sagten alle Veranstaltungen ab.

Im Grazer Künstlerhaus wird der Betrieb wie gehabt weitergeführt, so Geschäftsführerin Helga Droschl: "Wir haben den Betrieb bislang noch nicht eingeschränkt, sind aber tagesaktuell auf Veränderungen eingestellt und verfolgen die Aussendungen des Ministeriums." Aktuell geplante Veranstaltungen wie etwa Kuratorenführungen oder Katalogpräsentationen finden auch weiterhin statt. Etwaige Veränderungen werden auf der Website angekündigt.