Man hat Dr. Falke übel zugerichtet. Seit dem bösen Streich, dem ihn Gabriel von Eisenstein gespielt hat, sitzt er im Rollstuhl. Üblicherweise ist bloß eine soziale Blamage, eine tiefe narzisstische Kränkung die Ursache dafür, dass Falke die aufwendige „Rache der Fledermaus“ inszeniert. In der Inszenierung von Maximilian von Mayenburg ist er indes ins Krankenhaus geprügelt worden und will seinem „Freund“ Eisenstein eine ebenso unvergessliche Nacht bereiten. Dazu vergiftet er die gesamte Festgesellschaft bei Prinz Orlofsky und das Premierenpublikum gleich mit – mit als Champagner firmierenden Sprudel im Pausenfoyer.

Dass der Regisseur die Motivlage der Strauß-Operette drastisch zuspitzt, ist eine Fehlfarbe in dieser doch eher heiteren Operete und verschleiert obendrein die spannendere ursprüngliche Gemengelage. Es reicht eben die Demütigung, der Anschlag auf den sozialen Schein und Status, um diese bürgerlichen Seelen zu erschüttern. Es ist eine moralisch verbogene Spießergesellschaft, die nur dort begehrt, wo Masken vorgehalten werden, die ihre Muffigkeit in exzessiven Sauf- und Sexgelagen auslüften muss, um weiter zu funktionieren: Strauß’ musiktheatralisches Feuerwerk ist auch eine der tiefgründigsten Gesellschaftssatiren aller Zeiten.
Mayenburg nimmt diese Steilvorlage etwas verkrampft auf, die Pointen sind mitunter auch recht schlapp. Oft durchbrechen die Figuren, die meist vom Parkett aus auftreten, die vierte Wand. Der Regisseur verlegt den letzten Akt in eine Bedürfnisanstalt, denn was diese Festgesellschaft in ihrem vermeintlich letzten Stündlein so in sich hineingekübelt hat, muss ja auch wieder hinaus. Der Klomann Frosch träumt zwischen Alkoholleichen, Kotzenden und ein paar übriggebliebenden Kopulierenden von Einsamkeit und Ruhe. Vom Ende der Zeit. Das kommt nicht, weil das Todesversprechen Falkes natürlich Teil der Farce war.

Ivan Orescanin als Strippenzieher im Rollstuhl ist ebenso präsent wie Markus Butter als Frank und Adi Hirschal als ermattend dahinschwadronierender Frosch, dem die üblichen Pointen versagt sind und der dafür einen Hauch von Werner Schwabs Fäkaliendramen ins Stück einbringen darf. Im vokalen Fokus steht Anna Brull als multinationaler Orlovsky (der Russe spricht katalanisch und seinen Einzug begleitet der „Egyptische Marsch“), dessen „Jeder wie er will“ sie in schönsten Mezzofarben präsentiert.

Sieglinde Feldhofer als vom Künstlerdasein träumendes Kammermädchen Adele lässt die Soubrette weit hinter sich. Elissa Huber als Rosalinde, und Alexander Geller als Eisenstein müssen outrieren, was das Zeug hält und bleiben stimmlich unauffällig, während Albert Memeti dem Alfred seinen schönen lyrischen Tenor leiht.

Ohne großen Finessenreichtum, aber mit solidem Schwung führt Marcus Merkel die Grazer Philharmoniker durch die funkelnde Partitur, während das Ballett bei „Donner und Blitz“ Eindruck hinterlässt. Es ist ein Abend, der einige spannende Ansätze und eine gute Umsetzung bietet, der aus der beliebten Operette jedoch ein rechtes Problemstück macht.