Das hatten die Spatzen schon von den Dächern gepfiffen: Jens Harzer ist der nächste Träger des Ifflandrings. Der bisherige Ring-Inhaber Bruno Ganz hat ihn ihm testamentarisch vermacht. Dass der Mitte Februar verstorbene Ganz dem jüngeren deutschen Kollegen seit Jahren in Zuneigung und künstlerischem Respekt so offen wie innig verbunden war, hatte dieser Tage bereits die Spekulationen befeuert, Harzer sei der nächste Würdenträger. Das hat nun die Bundesregierung bestätigt.

Verhaltene Präsenz

Auf österreichischen Bühnen zeigte der 1972 geborene Schauspieler bisher eher verhalten Präsenz. Zuletzt war er bei uns im Vorjahr bei den Salzburger Festspielen zu sehen – in Johan Simons' minimalistischeer Inszenierung von Kleists „Penthesilea“ spielte er an der Seite von Sandra Hüller den griechischen Helden Achilles. Auch bei den Wiener Festwochen und am Burgtheater war Harzer bereits zu Gast, der designierte Burg-Chef Martin Kusej gilt, neben Regisseuren wie Dieter Dorn und Andrea Breth, als einer seiner wichtigsten künstlerischen Weggefährten. Gut möglich also, dass Kusej ihn auch nach Wien lockt.Harzer, der in Wiesbaden zur Welt kam, hat an der berühmten Otto-Falckenberg-Schule in München Schauspiel studiert, spielte dann an den Münchner Kammerspielen und am Residenztheater, gastierte an etlichen der wichtigsten Theater des deutschen Sprachraums, an der Schaubühne, an den Schauspielhäusern in Hamburg und Frankfurt. Seit 2009 ist er festes Ensemblemitglied des Thalia Theaters Hamburg.Und seit 2000, nicht zu vergessen, war er auch bereits regelmäßiger Gast bei den Salzburger Festspielen, erstmals in Jon Fosses „Der Name“, zwei Jahre darauf als „Tod“ im „Jedermann“, in O'Neills „Eines langen Tages Reise in die Nacht“, 2008 unter Andrea Breth in „Verbrechen und Strafe“, 2011 unter Dimiter Gotscheff in Peter Handkes „Immer noch Sturm“. 2016 lieferte er als Caliban in Shakespeares „Sturm“ auf der Perner-Insel die berührendste Leistung des Abends.

Eindringlicher Minimalismus

Insgesamt überzeugt der Mime auf der Bühne mehr durch eindringlichen Minimalismus als durch groß angelegte Verausgabung, oft wirkt er – rar für einen Theaterschauspieler - leise, ja fast introvertiert. Darstellerische Sensibilität und seine behutsame, plastische Handhabung der Sprache machen ihn am Theater zur Ausnahmeerscheinung.

Auf der Bühne schon lange ein Star, hat er die Aufmerksamkeitsbühne der Populärkultur eher zögerlich betreten: im Exorzismus-Drama „Requiem“ spielte er 2006 einen Priester, in Wim Wenders Handke-Verflimung „Die schönen Tage von Aranjuez“ war er 2015 an der Seite von Sophie Semin zu sehen, in einem „Tatort“ als Todesengel von Ulrich Tukurs Kommissar Murot. Jüngst spielte er auch in der TV-Serie „Babylon Berlin“.

Die ersten Gratulanten

Erste Gratulationen an den neuen Iffland-Ring-Träger Jens Harzer kamen am Freitag vom Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Christian Kircher, und Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann. Harzers "junges Alter lässt eine vielversprechende schauspielerische Zukunft erwarten, der ich mit großer Freude entgegensehe", erklärte Kircher in einer Aussendung.

Die Lebenslinie von Bruno Ganz sei mit jener von Jens Harzer "eng verbunden - nicht zuletzt mit dem berührenden Vortrag des Briefes von Botho Strauß bei der Trauerfeier für Bruno Ganz", so Kircher, dem Harzers "spannungsgeladene und kraftvolle Darstellung" des Achill bei den letztjährigen Salzburger Festspielen "bleibend in Erinnerung" ist.

Karin Bergmann "wusste, dass Bruno Ganz eine vollkommene Wahl treffen wird, auch wenn ich mir den Iffland-Ring erstmals gut an einer Frauenhand hätte vorstellen können". Sie freue sich für Harzer: "Was für ein 'Ich', fünf Stunden in Katrin Bracks Schnipselregen auf der Bühne des Burgtheaters in Handkes 'Immer noch Sturm' 2011, Regie führte der unvergessene Dimiter Gotscheff. Taumelnd, sich verlierend, wütend und ratlos - ganz eigen, ganz unverwechselbar, ganz Harzer, zutiefst berührend und am Ende triumphal."