"Wir versuchen zu zeigen, dass Musik dann spannend wird, wenn Leute anfangen, etwas zu riskieren", machte Festivalleiter Bernhard Günther deutlich. Mit gutem Beispiel voran gehen gleich die Wiener Philharmoniker, die beim Eröffnungskonzert die Kontrolle in die eigene Hand nehmen und im Konzerthaus ohne Dirigent auftreten - dafür mit Schönbergs "Verklärter Nacht" und der Uraufführung von Johannes Maria Stauds "Scattered Light" sowie John Cages legendärem Stille-Stück "4'33".

Mit Dirigent - Sylvain Cambreling - dafür in "Panic" machen es am 31. Oktober die Symphoniker. Dabei beschreibt man mutmaßlich weniger die Stimmung im Orchester als die Programmatik, ist doch Harrison Birtwistles gleichnamiges Werk angesetzt. Und gleich aufs Ganze geht das RSO am 2. November, wenn man zum Claudio-Abbado-Konzert "Chaos und Ekstase" anpeilt und im Musikverein einen Bogen zwischen Haydn und Skrjabin schlägt.

Das unbestrittene Highlight dürfte heuer indes Olga Neuwirth liefern - die mit der monumentalen, revidierten Neuproduktion von "The Outcast. Homage to Herman Melville" am 14. November aufwartet. Regisseurin Netia Jones zeichnet für die Gestaltung verantwortlich, wobei unter anderem die Hamburger Elbphilharmonie mitproduziert und Neo-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) 50.000 Euro extra für das Projekt flüssig machte. Hinzu kommt Neuwirths Vertonung des Stummfilms "Stadt ohne Juden" aus 1924, die bereits am 7. November erstmals erklingen wird.

Auch nicht wirklich auf die sichere Karte setzt man am 5. November bei "Casino Cage", wenn das Konzerthaus ausgeräumt wird und ein Croupier am Roulettetisch mittels Zufall den Ablauf von Luciano Berios 14-teiliger "Sequenza"-Werkreihe bestimmt. Sicher hat hingegen bereits Agata Zubel den Erste-Bank-Kompositionspreis, in dessen Rahmen sie am 21. November im Konzerthaus ihren "Cleopatra's Song" vorstellt. Den Abschluss am 30. November bestreitet dann das London Jazz Composers Orchestra im Porgy & Bess.

Insgesamt sind heuer rund 80 Ur- und Erstaufführungen in über 110 Veranstaltungen angesetzt, wobei 30 Spielstätten auserkoren wurden, die sich von der Alten Schmiede über das Cafe Korb bis zum Rathaus oder dem Semperdepot erstrecken. Soziale Räume und Erfahrungsräume müssten geöffnet und bis dato vernachlässigte Bereiche der Stadt erschlossen werden, bekräftigte Stadträtin Kaup-Hasler die Organisatoren: "Wir müssen uns freimachen von Ängsten, was Quoten betrifft."

Angst gab es im Vorfeld aber allenfalls bezüglich der Finanzlage. "Wir wussten bis vor kurzem nicht, ob das Festival in der von Bernhard Günther gedachten Form durchgeführt werden kann", betonte Wien-Modern-Präsident und Konzerthaus-Intendant Matthias Naske. Dank vereinter Anstrengung habe man nun ein Budget von 1,4 Mio. Euro zusammenbekommen, resümierte Thomas Angyan als Vorstand die Finanzlage. Aber: "Der Verein hat im Vorjahr ausgeglichen bilanziert und keinen Cent Rücklagen." Einen Sicherheitsgurt hat man also nicht. Dennoch expandiert man dank 25.000 aufgelegter Karten wieder leicht (nach 24.600 Karten 2017). Der Vorverkauf hierfür startet am 10. September.