Fast ein Start-Ziel-Sieg: Guillermo del Toros "The Shape of Water", ein Märchen aus dem Kalten Krieg, gewinnt in Venedig den Goldenen Löwen als bester Film. In dem Film verliebt sich Sally Hawkins als stumme junge Frau in einen Fischmenschen, der zu Versuchszwecken in einem militärischen Labor gefangen gehalten wird. Den Preis widmete del Toro, Mexikos erster Venedig-Sieger, Lateinamerikas Filmemachern: „Ich bin 52, wiege 150 Kilo und habe zehn Filme gemacht. Ich sage euch, lasst euch von niemandem erzählen, was alles nicht geht. Glaubt an das, was ihr tut, so wie ich an meine Monster glaube“, so der Regisseur, der mit Filmen wie „Pans Labyrinth“ und „Pacific Rim“ bekannt wurde. 

"The Shape of Water": Sally Hawkins verliebt sich in einen Fischmenschen
"The Shape of Water": Sally Hawkins verliebt sich in einen Fischmenschen © Biennale di Venezia

Mit dem großen Preis der Jury und einem Silbernen Löwen wurde Samuel Maoz für sein Militärdrama "Foxtrot" geehrt. Es ist schon sein zweiter Löwe: 2009 erhielt er den Goldenen Löwen für sein Spielfilmdebüt "Lebanon". Der Silberne Löwen für die beste Regie ging an Xavier Legrande und sein Scheidungsdrama "Jusqu'à la garde". Auch den „Löwen der Zukunft“ für den besten Debütfilm erhielt Legrande, der bei der Preisübergabe tränenüberströmt auf die Bühne trat.

Bester Darsteller wurde Kamel El Basha für das libanesische Gerichtsdrama "The Insult": "Ich hatte einen kleineren Preis erwartet. Ich weiß gar nicht, wie ich das nach Palästina transportieren soll", bedankte sich der Theaterschauspieler, der für "The Insult" das erste Mal vor der Kamera gestanden war. Beste Schauspielerin wurde Charlotte Rampling mit dem Drama "Hannah". Sehr emotional dankte sie ihrer Künstlerischen Heimat: "Italien verdanke ich alles. Dem Land und Regisseuren wie Cavani, Visconti und nun Andrea Pallaoro."

Ganz schön fröhlich: Charlotte Rampling mit der Coppa Volpi für die beste Darstellerin
Ganz schön fröhlich: Charlotte Rampling mit der Coppa Volpi für die beste Darstellerin © APA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE

Den Preis für das beste Drehbuch erhielt der Ire Martin McDonagh für das Rachedrama "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" mit Frances McDormand und Woody Harrelson. Der Spezialpreis der Jury ging an das Aborigine-Western "Sweet Country" des Australiers Warwick Thornton: "Träume werden normalerweise nicht wahr, aber meiner ist es geworden“, stellte er lapidar fest.

Als bester Nachwuchsdarsteller wurde der 18 Jahre alte Charlie Plummer für seine berührende Leistung in „Lean on Pete“ mit dem Marcello Mastroianni-Preis geehrt. "Ich hoffe sehr, in seine Fußstapfen treten zu können", freute sich der junge Schauspieler. Bester Film in der Nebenreihe „Orizzonti“ wurde Susanna Nicchiarellis „Nico, 1988“ über die letzten Jahre der „Velvet Underground“-Sängerin.

Dass es das älteste Filmfestival der Welt noch immer schafft, höchst zeitgenössisch zu agieren, zeigte der erste Preis, der an diesem Abend vergeben wurde: Er ging an Gina Kims Drama "Bloodless" - für die beste Story, die mit den Mitteln der Virtual Reality erzählt wurde. Zum besten VR-Film wurde Eugene YK Chungs „Arden's Wake“ gekürt.

Es war Festivaldirektor Alberto Barberas erklärtes Anliegen, dieser neuen Kinoform in Venedig eine prominente Präsentationsmöglichkeit zu geben. Entsprechend enthusiastisch reagierten die Preisträger, darunter auch Laurie Anderson, die mit Hsin Chien Huang und dem gemeinsamen Film "La camera insabbiata" für die "beste VR Experience" in Venedig gesorgt hatte: "Danke, dass sich das Festival dieser neuen Kunstform annimmt", ließ die abwesende Künstlerin den Anwesenden ausrichten.

Und die Nichtgewinner dieser stark besetzten Festspiele? Sind schon längst neu orientiert. Die Karawane hoffnungsvoller Oscar-Anwärter ist nach Toronto weitergezogen. George Clooney stellte seinen Venedig-Film „Suburbicon“ dieser Tage in Toronto vor, auch dessen Hauptdarsteller Matt Damon rührt mittlerweile in Kanada die Werbetrommel für gleich zwei Filme, die er auch am Lido vorgestellt hat: nebst für Clooneys Rassismus-Satire auch für Alexander Paynes „Downsizing“ mit Christoph Waltz.