Fast 200 Kandidaten sind in diesem Jahr im Rennen für den prestigeträchtigsten Literaturpreis der Erde. Wer ihn am 8. Oktober bekommt? Das ist vorab ein großes Geheimnis. Literaturexperten haben trotzdem ihre Favoriten. Sie heißen zwischen Margaret Atwood, Jamaica Kincaid und Nuruddin Farah.

Es hätte alles so entspannt laufen können nach dem großen Skandal: Wäre die Schwedische Akademie bei der Doppelvergabe der Literaturnobelpreise im vergangenen Jahr mit zwei grundsoliden Preisträgern auf Nummer sicher gegangen, dann wäre die schwere Krise mit all ihren internen Grabenkämpfen vermutlich ein für alle Mal beendet gewesen. Stattdessen wählte die altehrwürdige Institution in Stockholm neben Olga Tokarczuk außerdem den umstrittenen Peter Handke als Preisträger aus - und geriet damit abermals ins Kreuzfeuer der Weltöffentlichkeit.

Skandal im Nobelpreis-Komitee

Eine kurze Rückblende: Der Skandal bei der Vergabe-Institution des Literaturnobelpreises war bereits im November 2017 im Zuge der #MeToo-Enthüllungen ins Laufen gekommen, nachdem 18 Frauen öffentlich Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung und Übergriffen gegen Arnault vorgebracht hatten. Wegen Vergewaltigung wurde er Ende 2018 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Zudem warf die Akademie Frostenson und Arnault vor, die Preisträger vorab ausgeplaudert und so gegen ihre Geheimhaltungspflicht verstoßen zu haben. Das Resultat des Ganzen: 2018 wurde zunächst kein Literaturnobelpreis vergeben.

Mit der Doppelbekanntgabe der Preisträger für 2018 und 2019 sollte im vergangenen Oktober dann alles gut werden. Die Auszeichnung der Polin Tokarczuk wurde auch allgemein gelobt - die des Österreichers Handke löste dagegen einen Sturm der Kritik und Proteste in Stockholm und darüber hinaus aus. Handke hatte sich im Jugoslawien-Konflikt stark mit Serbien solidarisiert und nach Ansicht von Kritikern die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet.

Eine sichere Wahl

Mittlerweile hat sich die Lage bei der Schwedischen Akademie beruhigt. Dass sie sich nun bei der Bekanntgabe des diesjährigen Preisträgers am kommenden Donnerstag ein neues Problem schaffen wird, damit rechnet Wiman nicht. "Ich glaube, dass sie eine sichere Wahl treffen werden", sagte er vorab der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien. 197 nominierte Kandidaten kommen dafür in diesem Jahr infrage. Laut Akademie sind darunter 37, die zum ersten Mal nominiert worden sind.

An potenziellen Preisträgern mangelt es wie so oft nicht. "Man müsste eigentlich immer viele Nobelpreise vergeben", sagt der deutsche Literaturkritiker Denis Scheck. Er persönlich hält zunächst vor allem einen für preisverdächtig. "Ich vertrete seit vielen Jahren die Ansicht, dass Thomas Pynchon den Literaturnobelpreis nun wirklich verdient hätte", sagte Scheck der dpa. Mit Werken wie "Gravity's Rainbow" (Die Enden der Parabel) und "Against the Day" (Gegen den Tag) sei Pynchon einer der großen Innovatoren der Prosa des vergangenen und des laufenden Jahrhunderts gewesen.

Viele würdige Anwärter

Scheck hat noch drei weitere Namen im Angebot, deren Werk eine Ehrung rechtfertigen würde: Zum einen nennt er den Somalier Nuruddin Farah, der viel mehr als nur ein Chronist des Bürgerkriegs in Somalia sei, sondern zu den ganz großen Schriftstellern zähle. Verdient habe es auch der US-Autor Richard Ford, der ihn von Buch zu Buch immer mehr überzeuge und psychologische Raffinesse mit stilistischer Brillanz verbinde. Und dann wäre da noch Margaret Atwood, die schon seit längerem immer wieder für den Nobelpreis gehandelt wird.

Es weitere Favoritin wird Jamaica Kincaid gehandelt. Kincaid stammt von der Karibik-Insel Antigua und lebt in den USA.