Vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda unter Lesern und ohne dass ein Verlag groß die Werbetrommel rührte, wurde "Der Schatten des Windes" zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein Welterfolg. Seiner Geburtsstadt Barcelona setzte Carlos Ruiz Zafón mit der abenteuerlichen Geschichte um ein verwunschenes Buch und den "Friedhof der vergessenen Bücher" ein literarisches Denkmal. Nun ist der Bestsellerautor im Alter von 55 Jahren in Los Angeles verstorben. Er sei an Krebs erkrankt gewesen, meldete die Nachrichtenagentur Europapress unter Berufung auf seinen Verlag Planeta am Freitag.

"Heute ist ein sehr trauriger Tag für alle bei Planeta, die ihn kannten und mit ihm in den vergangenen 20 Jahren zusammengearbeitet und dabei eine Freundschaft geschlossen haben, die über das Berufliche weit hinausgeht", stand in einer Erklärung seines Verlags. "Aber durch seine Bücher wird er unter uns allen lebendig bleiben." Zafon habe zwei Jahre lang gegen den Krebs gekämpft, berichtete die Zeitung "La Vanguardia". Nach ersten Symptomen in London 2018 habe er sich in seiner Wahlheimat Los Angeles behandeln lassen.

Ruiz Zafón war studierter Journalist. Er verdiente sein Geld zunächst als Texter in einer Werbeagentur und dann als Drehbuchautor in Los Angeles, wohin er 1994 übersiedelte. Er schrieb einige Jugendromane wie "Der Fürst des Nebels" (1993, dt. 1996) oder "Marina" (1999, dt. 2011), ehe ihm 2001 mit "Der Schatten des Windes" (dt. 2003) der Durchbruch gelang. In seinen Romanen mischt sich in der Tradition der "Gothic Novel" Reales mit Phantastischem. Es geht in ihnen auch um die jüngere spanische Geschichte und immer um die Liebe zum Buch und zur Literatur.

Dass er als Katalane auf Spanisch schrieb, erklärte Ruiz Zafón in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur einmal damit, dass zu seinen Schulzeiten nur auf Spanisch unterrichtet wurde. Denn das Katalanische war unter der Franco-Diktatur (1939-1975) verboten. Das Geheimnis seines Erfolges zu erklären, fiel ihm schon schwerer. Dafür gebe es keine Zauberformel. "Nach all den Jahren habe ich den Eindruck, dass die Leser in meinen Büchern die Freude am Lesen wiederentdecken", meinte er.

In der Tat wurde "Der Schatten des Windes" zu einem Buch, das auf Menschen in bisher rund 40 Sprachen einen wahren Lese-Sog ausübte. Es ist Kriminal-, Liebes- und Bildungsroman in einem, es zeichnet das Klima im Barcelona der 40er und 50er Jahre, die bleierne Schwere der Jahre nach dem Bürgerkrieg. Und es geht um die Macht des geschriebenen Wortes. Denn ein Buch spielt darin eine Hauptrolle.

Auf den "Schatten des Windes" folgte 2008 "Das Spiel des Engels" und 2011 "Der Gefangene des Himmels" (dt. 2012), die miteinander verknüpft sind und ebenfalls im Bannkreis des "Friedhofs der vergessenen Bücher" spielen. Manche Kritiker bemängelten eine Neigung zum Trivialen, zu Floskeln und abgedroschenen Bildern oder eine zum Teil verworrene und überkonstruierte Handlung. Den ganz großen Erfolg konnte Zafón mit den Folgebänden nicht wiederholen.