Die Angst vor Corona und etwaiger Ansteckung spielt bei Literaturfreunden offenbar (noch) keine Rolle. Rund 250 Menschen sind gestern Abend ins Grazer Literaturhaus gekommen, um der Präsenation des neuen Romans von Valerie Fritsch beizuwohnen. Mit leiser, aber eindringlicher Stimme las die Autorin mehrere Kapitel aus dem Buch vor, das von in- und ausländischen Medien bereits hymnische Kritiken geerntet hat.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Literaturhaus-Chef Klaus Kastberger, der Fritsch gleich auf die lange "Wartezeit" bis zum neuen Werk ansprach. Immerhin fünf Jahre sind zwischen dem Vorgänger "Winters Garten", mit dem Fritsch in den literarischen Olymp aufgestiegen war, und dem neuen Roman vergangen. "Bücher brauchen Zeit zum Nachwachsen", meinte die Autorin dazu und verriet auch, dass sie eine bereits halbfertige Version "in die Tonne getreten" habe. Das jetzt präsentierte Werk überzeugt aber sowohl Leser als auch Kritiker. Und, so Fritsch weiter: "Ich bin den Buchstaben noch näher gekommen."

Im Roman "Herzklappen von Johnson & Johnson" geht es um eine Familie, die in einer kulissenhaften Umgebung auf allen Ebenen Theater spielt. Die Gefühle sind künstlich und alle haben etwas zu verbergen. Die Sprachlosigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Buch, das vor allem durch sprachliche Eleganz und eine fast medidative Ruhe besticht. Auch die Sprachlosigkeit der Kriegsgeneration und ein lebenslanges Vergraben des Erlebten wird von Fritsch thematisiert. Es geht um Unverfügbarkeiten und Abwesenheiten. 

Im Zentrum des Romans stehen Alma, die diese Familien-Inszenierungen nicht mehr hinnehmen will, und ihr Sohn Emil. Er, mit einem seltenen Gendefekt zur Welt gekommen, kann keinen Schmerz fühlen. Sprachlos also auch er - sein Körper schweigt zum Erlittenen. 

Buchtipp:

Valerie Fritsch: "Herzklappen von Johnson & Johnson". Suhrkamp. 174 Seiten, 22,70 Euro.
Valerie Fritsch: "Herzklappen von Johnson & Johnson". Suhrkamp. 174 Seiten, 22,70 Euro. © KK