Toni Morrison galt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Welt und als das "Gewissen Amerikas", ihre Werke verkauften sich weltweit millionenfach. 1993 gewann sie den Literaturnobelpreis - als erster Afroamerikanerin überhaupt. Nun ist sie ist im Alter von 88 Jahren verstorben, wie ihre Familie am Dienstag mitteilte.

Politisch war Toni Morrison immer. "Die Menschen sagen ständig, wir müssen eine Diskussion über Rassismus führen, aber das machen wir doch", sagte die US-Schriftstellerin zu ihrem 85er dem britischen "Telegraph". "Ich will sehen, wie ein schwarzer Polizist einen unbewaffneten weißen Teenager in den Rücken schießt. Und ich will sehen, wie ein weißer Mann verurteilt wird, der eine schwarze Frau vergewaltigt hat. Und wenn man mich dann fragt: 'Ist es vorbei?', dann sage ich: Ja."

Nach den Schlagzeilen über brutale Polizeigewalt gegen Schwarze wie Freddie Gray in Baltimore oder Eric Garner in New York klangen Morrisons drastische Mahnungen damals dringlicher denn je, aber die wortgewaltige Autorin, die eine enge Freundschaft zum ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama pflegte, hatte schon seit Jahrzehnten den Rassismus in ihrem Land angeklagt.

"Beim Schreiben bin ich frei von Schmerzen", erklärte die große selbstbewusste Frau mit den dichten grauen Haaren, die zuletzt im Rollstuhl saß. "Das ist der Ort, an dem ich lebe, an dem ich die Kontrolle habe, wo niemand mir sagt, was ich machen soll, wo meine Kreativität fruchtbar ist und ich am allerbesten bin." Ihre Schreibweise verglich sie gerne mit der Kunst eines Gourmetköchin. "Ich schreibe so, dass der Leser meine Worte lustvoll genießen kann, kostet, dann pausiert und schließlich weiter schwelgt."

Alles hatte 1970 mit "Sehr blaue Augen" begonnen, dem Buch, das sie immer habe lesen wollen, das es aber noch nicht gab, wie Morrison gerne betonte. Also stand die geschiedene alleinerziehende Mutter zweier kleiner Söhne jeden Morgen um vier Uhr auf und schrieb es. Danach ging sie zu ihrem Job als Lektorin in einem großen Verlagshaus. "Sehr blaue Augen“ wurde ein Bestseller. Es folgten weitere bedeutsame Romane wie „Sula“, „Salomons Lied“, „Teerbaby“, der Sklavenroman „Menschenkind“, „Jazz“ und das 500-Seiten-Werk „Paradies“, das viele Kritiker für ihr bestes halten. Nebenbei lehrte die 1931 in der Kleinstadt Lorain in Ohio geborene Autorin jahrelang an der Eliteuniversität Princeton kreatives Schreiben.

2010 starb einer ihrer beiden Söhne an Krebs: "So etwas kann man nicht hinter sich bringen. Nicht mit einem Kind. Ein Kind soll einen begraben. Ich denke die ganze Zeit an ihn", sagte sie damals über den Schicksalsschlag.