Trojanow, geboren 1965 in Sofia (Bulgarien), lebte in Kenia, Indien, Frankreich, Südafrika, Deutschland und seit zehn Jahren in Wien. Er veröffentlichte etwa den Roman "Macht und Widerstand" sowie "Wissen und Gewissen. Der überwachte Mensch - das widerständige Wort", "Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen" und zuletzt "Gebrauchsanweisung fürs Reisen". Trojanow zählt zu den Unterstützern der Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union und ist Beisitzer im Präsidium des deutschen PEN-Zentrums. 

In seiner Dankesrede bezog sich der Ausgezeichnete auf die Formulierung des Preises. "Meine patriotische Energie reicht gerade aus für das Grätzel, in dem ich wohne", erklärte Trojanow und hielt weiters ein Plädoyer für die Erhaltung von Buchhandlungen. Intoleranz sei angebracht gegenüber Dummheit, Korruption und anderen Missständen, Toleranz allein sei zu wenig, wenn es um die Notwendigkeit von Empathie oder Solidarität gehe. Die Aufgabe der Literatur sieht Trojanow darin, "Wahrnehmungen jenseits dogmatischer Haltungen" zu erweitern. Den Preis interpretiert er als Anregung, "noch mehr zu denken und noch mehr zu handeln".

Im Gespräch mit Moderatorin Katja Gasser präzisierte Trojanow seinen Toleranzbegriff, indem er die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die weltweit noch der Durchsetzung bedürften, als ethische Grundlage für Fortschritt heranzog. Als Kriterium für Lebensqualität sei nicht nur die Ökonomie, sondern auch die Ökologie zu berücksichtigen. Die Programmatik der politischen Rechten sei hingegen überall "schmerzhaft arm an Visionen", demokratische Legitimation sei auch nicht nur aus Wahlergebnissen abzuleiten. Die totalitäre Durchökonomisierung der Welt sieht Trojanow als pathologisches Phänomen: "Die Würde des Menschen und die Erhaltung der Natur müssen Vorrang haben."

Es sei ein "seltenes Privileg", ausreichend Zeit für Recherche zu besitzen, dies bedeute eine gesellschaftliche Verantwortung, so der Autor. Für Kleinkram und Kompromisse bedürfe es nicht der Literatur. Der Roman als literarische Gattung werde überleben, weil er Realität und Utopie zu vereinen vermöge, zeigte sich Trojanow optimistisch. Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, nahm die Preisverleihung vor und appellierte an den Glauben an die Utopie einer gerechten und friedlichen Gesellschaft. Die musikalische Gestaltung der Veranstaltung hatte das Ensemble ContrasTon mit frühen polyphonen Gesängen aus dem 15. Jahrhundert sowie zeitgenössischen Werken u.a. von György Kurtag und Gyula Fekete inne.

Die Europäischen Literaturtage waren heuer vorwiegend dem Thema "Literatur und Film" gewidmet. Dabei waren u.a. die Filmemacherinnen Ildiko Enyedi ("Körper und Seele"), Jasmila Zbanic ("Love Island"), die Drehbuchautorinnen Olivia Hetreed ("Sturmhöhe") und Katrin Resetarits ("Licht") sowie die Autorinnen Madame Nielsen ("Der endlose Sommer"), Nino Haratischwili ("Die Katze und der General") und Carmen Stephan ("It's all true") zu Gast. Die 11. Europäischen Literaturtage sind für November 2019 wieder in Spitz und Krems geplant. 

(S E R V I C E - )