Ihren Text hat sie im Geheimen Ingeborg Bachmanns "Das dreißigste Jahr" gewidmet, wollte sich mit dem ursprünglichen Titel "Das 80. Jahr" aber nicht "an die Jury ranschmeißen", wie sie in einem kurzen Statement bei der virtuellen Preisverleihung der 44. Tage der deutschsprachigen Literatur sagte. Mit dem nunmehr "Vom Aufstehen" betitelten Text überzeugte sie schließlich die Jury.

Damit schließt sich ein Kreis. Denn im Jahr 1980 war Schubert bereits einmal für den Bachmann-Preis nominiert, konnte damals aber nicht aus der DDR einreisen. Von 1987 bis 1990 saß sie in der Jury der Tage der deutschsprachigen Literatur, nunmehr ist sie Trägerin des Bachmann-Preises, zu dem sie von Insa Wilke eingeladen wurde.

Geboren wurde Schubert 1940 in Berlin-Kreuzberg, seit einigen Jahren lebt sie mit ihrem Mann in Neu Meteln (Mecklenburg). Es ist für sie der zweite Anlauf zum Bewerb: 1980 durfte sie nicht aus der DDR ausreisen. Begründet wurde die Entscheidung unter anderem damit, dass es keine „deutsche Literatur“ gebe; das Unternehmen „Bachmannpreis“ sei nur dazu da, um dieses Phänomen der deutschen Literatur voranzutreiben. Zudem war Marcel Reich-Ranicki Juryvorsitzender; ihn sah die Stasi als „berüchtigten Antikommunisten“ an.

Ihr Vater starb schon 1941 als Soldat, so wuchs Schubert bei der Mutter auf, zu deren Beziehung es in ihrem preisgekrönten Text auch ging. Ihre Kindheit war von Flucht geprägt: Wegen der Bombenangriffe wurde die kleine Familie nach Hinterpommern evakuiert und floh dann nach Greifswald und von dort nach Ostberlin zu den Großeltern. Aufgewachsen ist sie schließlich in der sowjetisch besetzten Zone und dann in der DDR. Nach ihrer Matura 1957 war sie ein Jahr Montiererin am Band, von 1958 bis 1963 Studierte sie klinische Psychologie an der Humboldt-Uni Berlin. Während des Studiums heiratete sie den Maler und Grafiker Rolf Schubert, 1960 kam ihr Sohn zur Welt.

Beruflich folgte eine postgradulae Ausbildung zur Fachpsychologin der Medizin, von 1963 bis 1987 arbeitete sie in der Erwachsenen-Psychotherapie im Stadtbezirk Berlin-Mitte, u.a. in der Universitäts-Nervenklinik der Charité. 1977 nahm sie ihre Arbeit als freiberufliche Schriftstellerin auf, nachdem sie bereits seit dem 20. Lebensjahr immer geschrieben hatte. 1975 wurde sie in den Schriftstellerverband aufgenommen. Von 1976 bis 1989 stand sie unter Beobachtung durch den DDR-Staatssicherheitsdienst: "feindlich-negativ". Am Ende der DDR war sie Pressesprecherin des Zentralen Runden Tischs zur Vorbereitung der ersten freien Wahl 1990. Von 1987 bis 1990 war sie nach ihrer verhinderten Teilnahme Jurymitglied im Bachmann-Wettbewerb.

Schubert hatte Lehraufträge an US-amerikanischen Unis und war langjähriges Mitglied des Goethe-Instituts und des Autorenkreises der Bundesrepublik. Seit 1976 ist sie mit dem Psychologen, Maler und Schriftsteller Johannes Helm verheiratet. Nachdem sie bis 2008 in Berlin wohnten und arbeiteten, zogen sie nach Nordwestmecklenburg in das Dorf Neu Meteln und eröffneten dort für seine Bilder eine Galerie mit regelmäßigen, wo bisher 130 Kulturveranstaltungen mit freiem Eintritt stattfanden, in denen Helga Schubert moderiert und neue Erzählungen liest.

Zu ihren Büchern zählen u.a. die vier Kinderbücher über "Bimmi", "Das verbotene Zimmer" (1982, Luchterhand), der Erzählband "Blickwinkel" (1985), "Anna kann Deutsch" (1986) ", "Die Andersdenkende" (1994) und "Das gesprungene Herz" 1995. 2003 erschien ihr Roman "Die Welt da drinnen" (S. Fischer-Taschenbuch). 2017 gab sie die 16-bändige Werkausgabe der Gemälde von Johannes Helm heraus. Zu ihren Auszeichnungen zählt u.a. 1986 der Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste und der Fallada-Preis 1993.

Über den Bachmann-Preis zeigte sie sich unmittelbar nach der Verleihung "unglaublich glücklich". Sie sei bereits von einem Verlag und einer Agentur kontaktiert worden und hofft nun, dass sie ihren aktuell in Entstehung befindlichen Roman nun fertigstellen kann.