Die Schlacht ist geschlagen, der (Lese-)Reigen getanzt: Gestern beschloss ein Frauen-Quartett die drei literarischen Ausnahmetage in Ausnahmezeiten. „Hunde des Wiener Aktionismus, wollt ihr ewig leben!“, paraphrasierte Insa Wilke in Anspielung auf den Stalingrad-Roman von Fritz Wöss, nach der Lesung der Wienerin Lydia Haider. Ihre furios vorgetragene Wutrede in einem einzigen Satz stieß nicht nur auf wenig Gegenliebe („zu künstlich“, „überinstrumentalisiert“), sondern provozierte als erste Lesung des Tages gleich ein veritables Schreiduell zwischen dem genervten Jury-Vorsitzenden Hubert Winkels und dem konfliktfreudigen Neo-Juror Philipp Tingler. Der fragte nämlich zum Einstand die Autorin, was sie mit ihrem Text wolle. Perplex wies Lydia Haider die Frage zurück – das herauszufinden sei Sache der Jury. Eine Meinung, die sie mit Winkels teilte, der Tingler aufgebracht zurechtwies. Aktionistisch und mit der lautstarken Unterstützung ihres Fanclubs ergriff die Autorin zum Abschluss der Diskussion das Wort und verlas ein kaum verständliches Manifest. „Der Text geht im eigenen Jubel unter“, kommentierte danach Klaus Kastberger trocken.

Fast durchwegs positiv wurde die Lesung der zweiten Österreicherin des Vormittags aufgenommen. Dicht und allegorisch sei die apokalyptische Geschichte von Laura Freudenthaler, die „nahe an Ingeborg Bachmann und Marlen Haushofer“ herankomme (Kastberger). „Ein Meisterwerk“, das zeigt, „was die Kraft der Literatur ausmacht“, meinte Brigitte Schwens-Harrant, die die in Wien lebende Autorin eingeladen hatte. „Ein bisschen David Lynch“, konstatierte Hubert Winkels angesichts der verrätselten Stimmung.

Nach der Mittagspause konnte noch die von Philipp Tingler eingeladene Deutsche Katja Schönherr einige positive Stimmen einsammeln. Der Text, den Kastberger und Tingler als „Allegorie auf diesen Bewerb“ lasen, handelt von einer Ich-Erzählerin, die mit anderen vor einem Affenhaus im Zoo steht. Nora Gomringer: „Diese ZDF-Verfilmbarkeit, das ist mir zu einfach.“ Und auch die aus Jugoslawien stammende Schweizerin Meral Kureyshi konnte mit ihrem Coming-of-age-Text nicht wirklich begeistern: „Ein Text wie ein schlaffer Händedruck“ urteilte Insa Wilke, „Befindlichkeitsprosa“ Klaus Kastberger.

Mit einem Lorbeerkranz dürften am Sonntag (Preisverleihung ab 11 Uhr) vor allem Frauen gekürt werden: Zu den Favoritinnen zählen zweifellos Helga Schubert (80) und Laura Freudenthaler (36). Aber auch Hanna Herbst (30), Katja Schönherr (38) und Lisa Krusche (30) dürfen sich Hoffnungen machen und bei den Männern Egon Christian Leitner (59).