Darüber hinaus war Simonischek Ehrenmitglied des Burgtheaters, Nestroy-Preisträger und Inhaber des Deutschen Theaterpreises für sein Lebenswerk. "Er kann alles, er spielt alles, und wenn er spielt, tut er das mit ansteckender Spielfreude", hieß es in der Begründung dafür. Als Schauspieler muss man Druck ertragen, und wenn man Glück hat, Verehrung. Peter Simonischek war einer der Glücklichen: ein Schauspieler, der bewundert und gefeiert wurde. Nicht nur für das Zugängliche und Populäre, man könnte ihn einen Spezialisten für komplizierte, problematische, spröde Figuren nennen: Ihnen gab er Kontur und Tiefe, ohne sie – oder sich – zum Sympathieträger machen zu müssen.

"Man muss nicht unbedingt jedes Stück modernisieren"

Insofern war er, ungeachtet seiner imposanten Erscheinung, kein typischer Schauspielerfürst, der letztlich stets sich selber spielt, sondern ein Darsteller, dessen intelligentes, durchdachtes Spiel für Wandlungsfähigkeit und Nuancenreichtum stand. Auf der Leinwand, auf der Bühne ebenso wie in TV-Dokus, Hörspielen und Hörbüchern, denen er seine gewittrig timbrierte Stimme lieh. Dabei hatte er artikulierte Meinungen zum Theater unserer Tage: "Es gibt die tollen Rollen, aber kaum noch Regisseure, die Lust haben, diese tollen Rollen zu inszenieren. Und die armen Leute, die ins Theater gehen, kriegen oft nicht einmal mehr ansatzweise das Stück zu sehen, wegen dem sie kommen", so konnte er wettern. Um gleich wieder zu differenzieren: "Man muss vielleicht ein alter Sack sein, um das so kritisch zu sehen. Aber ich denke, man muss nicht unbedingt jedes Stück modernisieren. Ein Klassiker ist deswegen toll, weil er uns auch dann etwas zu sagen hat, wenn man ihn in historischen Kostümen belässt. Die Leute sind ja nicht zu blöd, um die Brücke ins Heute zu schlagen."

Bei Autoren wie Kleist, Goethe, Tschechow ärgere es ihn auch, verriet er einmal, "wenn das Ergebnis einer Inszenierung hinter der Vorlage zurückbleibt". Er habe "Probleme mit Regisseuren, die sich über das Stück stellen, ohne es wirklich ergründet zu haben", urteilte der Schauspielstar, der sein Werkzeug in 20 Jahren Berliner Schaubühne unter seinem Mentor Peter Stein und Andrea Breth zuschliff. Seit 1999 gehörte er dem Ensemble des Wiener Burgtheaters an, als einer jener Langzeit-Stars, die direktoratsunabhängig in wichtigen Rollen zu sehen waren. Logisch. Simonischek gehörte zu den Schauspielern, die ihr Publikum verlässlich anziehen – egal, ob als Yvan in Yasmina Rezas Satire "Kunst", als devianter Ehemann in Edward Albees "Die Ziege", als muslimischer Patriarch in Ayad Akhtars "The Who and the What", als Joseph Roths "Hiob", als Frosch in der "Fledermaus" der Wiener Staatsoper, als "Prospero" in Shakespeares "Der Sturm" bei den Salzburger Festspielen – und ebendort natürlich neun Jahre lang als "Jedermann" auf dem Domplatz. Die Rolle etablierte seine Transformation vom ausdrucksstarken Bühnenschauspieler zum Publikumsliebling – ein Part, den er eine Zeit lang mit Gusto übernahm.

In die Wiege gelegt war dem Oststeirer das Bühnenleben nicht. Sein Vater war Zahnarzt, der Sohn, der im Kärntner St. Paul das Gymnasium absolvierte, sollte nach seinem Willen Zahntechniker werden. Der aber inskribierte sich heimlich an der heutigen Grazer Kunstuniversität: "Ich habe meine Karriere nicht geplant. Ich war eher beharrlich in meinen Träumen und Wünschen", sollte er Jahrzehnte später feststellen. Seine ersten Engagements führten den hochgewachsenen jungen Mimen nach St. Gallen, Bern und Düsseldorf. Simonischek war in erster Ehe mit der Schweizer Berufskollegin Charlotte Schwab verheiratet, ihr gemeinsamer Sohn Max Simonischek ist ebenfalls als Schauspieler erfolgreich. Mit seiner zweiten Frau, der Kärntner Mimin Brigitte Karner, hatte er zwei Söhne.

"Ich bin kein Schauspieler, der auf der Bühne sterben muss", gab er in einem Interview preis. Von seiner schweren Erkrankung ließ er sich aber nicht bremsen. Noch im Februar 2023 absolvierte er für Lars Kraumes "Der vermessene Mensch" Interviewrunden auf der Berlinale, gemeinsam mit Karner ging er mit dem Antoine Jaccouds Zweipersonenstück "JusteAVANT" auf umjubelte Tournee – und absolvierte am 16. Februar seinen allerletzten Auftritt in Graz, auf der Bühne der "Komödie".

Der Steiermark hielt er nicht nur durch regelmäßige Auftritte bei der styriarte und mit unvergessenen Gastspielen am Grazer Schauspielhaus ("Baumeister Solness") die Treue. Der Oststeirer, der von Markt Hartmannsdorf aus Weltkarriere gemacht hatte, feierte seine Heimat auf besondere Weise – als vehementer Förderer und Unterstützer der regionalen Kunst und Kultur. Gemeinsam mit Werner Sonnleitner wurde er zum Initiator des Hartmannsdorfer Literaturwettbewerbes "Wortschatz", fungierte als Mitglied der Jury und stellte mit seiner Frau die Preisträger- und Preisträgerinnentexte öffentlich vor. Dass er so plötzlich und viel zu früh von der größten Bühne, der des Lebens, abtrat, wird nicht nur hier besonders schmerzlich empfunden.