Opernlibretti sind manchmal anachronistisch, unlogisch oder auch banal. Manchmal stellen sie aber auch zeitlose Fragen, wie jene nach der "Macht des Schicksals". Gibt es eine höhere Macht? Oder ist alles im Leben Zufall? Wo verorten wir uns zwischen Fatalismus und Voluntarismus? In der Mythologie wurde das Schicksal oft personifiziert, z. B. als Schicksalsgöttin Fortuna, die an unserem Schicksalsrad dreht. Eine solche Figur findet man auch auf dem Eisernen Vorhang der Grazer Oper und sie diente Regisseurin Eva-Maria Höckmayr als Inspiration zu einer Personifikation des Schicksals. Schön während der Ouvertüre beginnen sich die Bilder des Eisernen Vorhangs zu bewegen, Fortuna wird lebendig und steigt aus dem Bild. Es ist Mareike Jankowski in der Rolle der Wahrsagerin Preziosilla, die als laszive und launische Diva eine ungemeine Bühnenpräsenz besitzt und die Handelnden mit gewisser Lust in ihr Schicksal, bzw. zu falschen Entscheidungen lockt. Fesselnd wie Fortuna ist auch gleich die Ouvertüre, die auf die kommenden Kontraste zwischen klanglicher Opulenz und lyrischer Zartheit, zwischen Dramatik und Leichtigkeit in Verdis Partitur verweist und mit exzellenten Bläsersoli belegt, wie virtuos und souverän hier musiziert wird. Der gebürtige Italiener Matteo Beltrami, der erstmals in Graz dirigiert, scheint einen guten Draht zu Sängern und Orchester gefunden zu haben und leitet das rund dreistündige Werk sensibel, lebendig und inspiriert.