Nur verschämt durfte man als Jugendlicher Anfang der 80er-Jahre zugeben, ein ABBA-Fan zu sein. Denn damit galt man als Kommerzfreund und gleichzeitig als Feind des Rock. Bekannte man sich zu diesen Wohlklang-„Schlagern“ aus Skandinavien, wurde man fast als Weichei abgestempelt. Dabei konnte man sich in ihre Lieder hineinfühlen, da auch die Texte leicht verständlich (nicht bloß bei „Ring Ring“, „Honey Honey“ oder „SOS“) und gleichzeitig so wahrhaftig waren, bildeten sie doch immer wieder das Leben des Quartetts ab. Inklusive der Scheidungen („The Winner Takes It All“ oder „One of Us“).

Paradox: „ABBA zu mögen war in den 80er-Jahren total uncool“, konstatierte eines der Bs, Björn Ulvaeus. Und das, obwohl es nichts daran zu rütteln gab, dass es sich hier mit mehr als 400 Millionen verkauften Alben um eine der erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte handelt.


Dieser Umschwung kam durch Coverversionen von ABBA-Ohrwürmern durch andere Pop- und Rockgrößen (selbst U2 performten live „Dancing Queen“), die Hit-Kompilationen „ABBA Gold“ (1992) und „ABBA More Gold“ (1993) läuteten endgültig das Revival ein. Dem das Jukebox-Musical „Mamma Mia!“ (Weltpremiere 1999, die Leinwandadaption wurde 2008 zum Welterfolg) auf den Fuß folgte. ABBA waren wieder hip. Und die Songs galten als zeitlos.

Und eben nicht bloß als Soundtrack für eine Generation. Benny und Björn, aus deren Feder alle Stücke stammen, sind für mich die lebenden Mozarts dieses Jahrtausends. „Wir gingen nicht einfach ins Studio und haben experimentiert. Wir haben über Monate an drei oder vier Songs getüftelt - und ich meine über Monate. Und dann machten wir uns erst an die Aufnahmen“, erklärte mir Björn bei einem Interview 2015 in Stockholm. Das letzte Album „The Visitors“ etwa enthält nur neun Songs. Füllmaterial war für die Schweden ein Fremdwort. Alles, was ABBA ablieferten, musste perfekt sein.

Ob nun „Take a Chance on Me“, „I Have a Dream“, „Thank You for the Music“ oder „Our Last Summer“: Stets wurde großes Kino für die Ohren geboten, selbst Geschichten über Enttäuschungen wurden musikalisch tröstlich erzählt. Das Zusammenspiel der Stimmen von Agnetha und Frida suchte seinesgleichen, wenn auch zuletzt immer mehr Nummern entstanden, die auf dem Sologesang von einer der beiden basierten. Wie „The Winner Takes It All“, „When All Is Said And Done“ oder „The Day Before You Came“.


Ein Comeback kam dennoch all die Jahre nie infrage, einmal hatte ein britisch-amerikanisches Konsortium ABBA sogar eine Milliarde Euro für eine Wiedervereinigung angeboten - was die Band ablehnte. „Vier 70-jährige Typen auf der Bühne, die etwas abzuliefern versuchen, was sie besser nicht täten - nein danke“, scherzte etwa Benny Andersson über die Anfrage. Jetzt kommen sie zumindest als Avatare zurück auf dei Bühne.

Auf dem Album, das am 5. November erscheint, sollen acht weitere Ohrwürmer vertreten sein.
Die ABBA Voyage-Liveshow
feiert am 27. Mai 2022 in der ABBA Arena in London Premiere. Die hochmoderne, speziell dafür entworfene Arena befindet sich im Queen Elizabeth Olympic Park und fasst 3000 Besucher. Zu den Kreativen des revolutionären ABBA Voyage-Livekonzepts zählen unter anderem  Regisseur Baillie Walsh (Flashbacks of a Fool, Being James Bond, Springsteen & I), Co-Executive Producer Johan Renck (Spaceman, David Bowie „Blackstar“/„Lazarus“, Chernobyl) und ChoreografWayne McGregor CBE (The Royal Ballet, Company Wayne McGregor, Ballet de l’Opéra de Paris).