Die Worte waren wohl gesetzt: "Nach reiflicher Überlegung und viel Arbeit an unserer Beziehung haben wir beschlossen, unsere Ehe zu beenden", stand in den Postings, die Bill (65) und Melinda (56) Gates gleichzeitig und mit identem Wortlaut auf Twitter absetzten. Die Trennung des mehr als 100 Milliarden Dollar schweren Microsoft-Gründers und seiner Frau nach 27 Ehejahren war aus gutem Grund wohl akkordiert. Selten ist bei einer Trennung so viel Geld und damit so viel öffentliche Spekulation im Spiel.

Denn nicht nur das Privatvermögen der Gates‘ interessiert: Auch die mit rund 59 Milliarden Dollar dotierte "Bill und Melinda Gates-Stiftung" rückt damit einmal mehr ins Licht der Weltöffentlichkeit: Das Unternehmen zählt zu den einflussreichsten Privatstiftungen des Planeten. Was bedeutet, dass diese Scheidung nicht bloß eine Privatsache von zwei der reichsten Menschen ist, sondern potenziell Wellen schlägt: Würden Bill und Melinda im Rahmen eines Scheidungsstreits beschließen, ihre Gelder abzuziehen, hätte das in den ärmsten Regionen der Erde reale Auswirkungen auf Gesundheitsversorgung und den Kampf gegen den Hunger.

Entsprechend soll der Eindruck eines möglichen Zusammenbruchs der Stiftung in der gemeinsamen Erklärung tunlichst vermieden werden: "Wir werden weiter gemeinsam in der Foundation arbeiten", versicherte das Paar. Beide würden noch immer an die Mission glauben. Woran sie nicht mehr glauben: "Dass wir in dieser nächsten Phase unseres Lebens gemeinsam als Paar wachsen können."

Eine Ehe, eine Foundation

Die Geschichte der Ehe von Bill und Melinda ist von der Foundation nicht zu trennen. 1993 reiste das Paar mit Freunden für eine Safari-Tour nach Ostafrika, um ihre Verlobung zu feiern. Am Ende war es nicht die Feier, die nachwirken sollte: "Unsere Zeit in Ostafrika war unsere erste wirkliche Begegnung mit extremer Armut", erinnerte sich Melinda Gates später. An einem Strand in Sansibar fassten sie den Entschluss, ihr damals schon immenses Vermögen für das Gemeinwohl einsetzen zu wollen. 1994 entstand die "William H. Gates Foundation", zunächst von Bills Vater geführt, die später in der "Bill & Melinda Gates Foundation" aufging. Mehr als 50 Milliarden Dollar hat die Stiftung laut eigenen Angaben für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen, Entwicklungshilfe für Kleinbauern oder auch Bildungsprogramme für Jugendliche in den USA ausgegeben.

Buch über Empowerment

Melinda Gates, studierte Programmiererin, hatte stets betont, "nie nur die Frau von Bill Gates sein" zu wollen. "Selbst wenn ich Bill nicht geheiratet hätte, wäre ich Millionärin", verwies sie in einem Interview mit der "Süddeutschen" auf ihre beruflichen Erfolge. Später stellte sie ihre Karriere für die Familie und die drei Kinder hintan. Ihre Managementqualitäten außerhalb der Familie waren ab 2000 in der Foundation gefragt. 2019 veröffentlichte sie ein Buch mit dem Titel "The Moment of Lift" (deutsch: Der Moment des Auftriebs) über weibliches Empowerment.

Bill Gates (65) hat sich 2008 aus dem von ihm gegründeten Softwaregiganten Microsoft zurückgezogen und sich danach fast vollständig auf die Gates Stiftung konzentriert. Zuletzt widmete er sich intensiv dem Kampf gegen den Klimawandel, sammelte Gelder und veröffentlichte ein Buch ("Wie wir die Klimakatastrophe verhindern") dazu. Als Frontfigur der Foundation ist der Milliardär und Philanthrop seit Jahren Opfer von kruden Verschwörungsmythen. Sein Reichtum und seine Kontakte zu den mächtigsten Menschen machten ihn zum Lieblingsfeind der Verschwörer.

Anleihen bei Bezos

Über Jahre war Bill Gates der reichste Mann der Welt. Aktuell liegt er laut "Forbes" auf Platz vier, hinter Jeff Bezos (Amazon), dem französischen Unternehmer Bernard Arnault und dem Technologieunternehmer Elon Musk (Tesla, SpaceX). Wie eine Scheidung unter Superreichen abläuft, können Bill und Melinda Forbes bei Jeff Bezos und seiner früheren Frau MacKenzie Scott nachfragen. Die beiden hatten ihre Trennung vor zwei Jahren bekannt gegeben: ebenfalls per Twitter.