"Mr. Lennon“, rief Mark David Chapman, damals 25 Jahre alt, stellte sich breitbeinig hin und drückte mit seiner Pistole Kaliber 38 ab. Fünf Mal. John Lennon brach blutüberströmt zusammen, innerhalb von Minuten waren zwei Streifenwagen der Polizei zur Stelle. Doch der Attentäter dachte gar nicht an Flucht. Er lehnte an der Ziegelmauer des Dakota Buildings in New York City und las in aller Ruhe in J. D. Salingers „Fänger im Roggen“, von dessen anarchistischem Helden Holden Caulfield Chapman fasziniert war. Exakt um 23.07 Uhr wurde an diesem 8. Dezember 1980 John Lennon im Roosevelt Krankenhaus für tot erklärt.


Mark Chapman, ein psychisch auffälliger Außenseiter, der zuletzt in Hawaii lebte, war ein Beatles-Fan, dessen Bewunderung sich in wütenden und schließlich tödlichen Hass gewandelt hatte. In seiner wirren Gedankenwelt warf er Lennon vor, die Ideale der Band verraten zu haben, weil er ein luxuriöses Leben führte. Das Verhältnis zwischen Star und Fan ist – nicht nur in der Popwelt – emotional extrem aufgeladen. Und Chapman ist ein radikales Beispiel dafür, wie schnell aus Anbetung Verteufelung werden kann.

Die Gründe dafür sind wohl in der Psychologie zu suchen: (vermeintliche) Kränkung, Zurückweisung, Enttäuschung. Wie abgründig und bizarr dieser Tätertypus tickt, zeigt auch das Attentat auf US-Präsident Ronald Reagan nur wenige Monate nach dem Lennon-Mord: Am 30. März 1981 schoss John Hinckley Jr. in Washington D. C. auf Reagan und verletzte ihn schwer. Sein Motiv: Er wollte in die Geschichte eingehen und – noch wichtiger – die von ihm vergötterte Schauspielerin Jodie Foster damit beeindrucken.

Ein Anschlag auf Justin Bieber scheiterte
Ein Anschlag auf Justin Bieber scheiterte © (c) APA/AFP/ROBYN BECK

Abgesehen davon, dass spätestens nach dem Attentat auf Lennon kein Superstar mehr aus dem Haus geht, ohne von einer Armada von Leibwächtern umringt zu sein und der Kontakt zu den Fans längst durch die (Pseudo-)Nähe von Social Media aufrechterhalten wird, hält sich die Zahl der tödlichen Angriffe glücklicherweise in Grenzen. Es gab in der Vergangenheit allerdings eine Reihe von spektakulären „Beinahe-Attentaten“: Ein gewisser Dana Martin – wegen Mord und Vergewaltigung in sicherer Verwahrung – war von Justin Bieber besessen, doch dessen Wandlung von Prinz Charming zum Bad Boy gefiel dem tatsächlich bösen Buben Martin nicht. Und so erteilte er 2015 vom Gefängnis aus den Auftrag, Bieber zu entführen, zu kastrieren und schließlich zu ermorden. Der Plan wurde vereitelt, im Wagen des Mordbeauftragten fand die Polizei noch eine Heckenschere.

Besonders perfide war auch der geplante Anschlag auf Björk. Ricardo Lopez, ein rechtsextremer Rassist aus Florida, bewunderte die Isländerin, geriet jedoch in Rage, als die Sängerin eine Beziehung zu einem schwarzen Musiker einging. Er sandte ihr als „Strafe“ eine mit HIV positiven Nadeln gespickte Bombe. Nachdem er seine „Botschaft“ verschickt hatte, beging Lopez vor laufender Kamera Selbstmord. Die Bombe wurde von Scotland Yard abgefangen.

Eine Paketbombe an Björk wurde rechtzeitig abgefangen
Eine Paketbombe an Björk wurde rechtzeitig abgefangen © (c) AP (Martin Mejia)

Auch ein anderer Ex-Beatle, George Harrison, wurde Opfer eines Attentats: Ein schizophrener Fan wollte ihn 1999 in dessen Haus in England mit einem Schwert töten. Olivia Harrison stoppte den Angreifer, ihr Mann wurde leicht verletzt.

„Wenn mich einmal einer erwischt, dann wohl ein Fan“, sagte John Lennon am Tag seines Todes. Mark David Chapman sitzt nach wie vor im Gefängnis. Im August dieses Jahres wurde sein bislang elftes Gnadengesuch abgelehnt.