Kunst und Kultur sind nicht nur Stätten der Arbeit - ohne Theater, Konzerte oder Galerien schmeckt das Leben schon bald nur noch lasch und leer. Jetzt kommt es – obwohl man sich massiv um die Sicherheit der Besucher bemüht hatte – zu massiven Einschränkungen: Auf Unverständnis stoßen die Maßnahmen auch im Grazer Schauspielhaus: „Alle Verschärfungen, die Wirkung versprechen, das Virus einzudämmen, wurden von uns mitgetragen“, stellt Intendantin Iris Laufenberg fest. Das Haus sei, dank Sicherheits- und Hygienekonzepte und regelmäßiger Testungen „auch in dieser Krisensituation zukunftsfähig.“ Nachsatz: „Von den Theatern gehen keine uns bekannten Infektionen aus.“ Auch Wolfgang Muchitsch, Direktor des Universalmuseums Joanneum weist auf eine grundsätzlich positive Situation hin: „Trotz Entfall des Tourismus, von Gruppenreisen, vielen Schulgruppen und Veranstaltungen ist die Nachfrage für uns weiterhin überraschend gut.“

"Ich habe von Oktober bis März 2021 wieder Kurzarbeit angemeldet“, sagt Gerhard Lehner vom „klagenfurter ensemble“. Nach dem kulturellen Stillstand im Frühjahr geht die heimische und internationale Kultur-Szene erneut in einen für sie ungewissen „Kultur-Stillstand“. Ab Dienstag kommt es zum „Kultur-Lockdown“, der auch die Museen betrifft.
„Wir haben rund 30 Abende mit Gastspielen, Weihnachtslesungen et cetera durchgeplant“, sagt Lehner. Nach der Pressekonferenz der Bundesregierung von Samstag fällt vorerst der November aus. „Wir können nur darauf vertrauen, dass Land und Stadt uns finanziell helfen. Wenn es keine Unterstützung gibt, dann ist das der Tod. Das Wichtigste ist für uns die Wertschätzung der Kultur durch die Körperschaften und die Politik“, sagt Lehner.
Für das Stadttheater Klagenfurt bedeutet der neuerliche Lockdown, wie Intendant Aron Stiehl betont, „weitreichende Folgen, nicht nur finanzieller Natur“. Denn „gerade in Krisenzeiten hat Theater eine wichtige gesellschaftliche Funktion“.

Internationale Reaktionen

In Deutschland, wo der Lockdown (Beginn 2. November) schon früher verkündet wurde, ist der Schock von den Schauspielerverbänden bis hin zum kleinen Club-Betreiber groß. Scharfe Kritik erntete die deutsche Regierung nach der Verkündigung des Lockdowns von vielen Seiten: „Gerade kleinere und nicht öffentlich geförderte Häuser werden diesen erneuten und vollkommen unnötigen Schlag vor den Bug nicht überleben“, ließ der Bundesverband Schauspiel verlautbaren. Der Intendant der Württembergischen Staatstheater Marc-Oliver Hendriks sieht in den neuerlichen Restriktionen eine Symbolpolitik: „Wir werden in Mithaftung genommen.“ Dass Theater sichere Orte seien betonte der geschäftsführende Intendant des Stuttgarter Drei-Sparten-Hauses: „Theater sind sichere Orte.“

In New York haben sogar acht Theater Bürgermeister Bill de Blasio und Gouverneur Andrew Cuomo verklagt: Die Restriktionen seien willkürlich. Aber die Einschränkungen, die zwischen USA und Österreich, auf die Kultur-Szene zukommen, betreffen nicht nur die Theater, es trifft die Kinos genauso wie die Club-Szene. Christian Bräuer, Vorsitzender der deutschen AG Kino, sagte gegenüber „Spiegel online“, dass eine zweite Schließung in die Katastrophe führe. „Wir müssen aber gemeinsam aufpassen, dass aus dem sogenannten Lockdown für die Kultur kein Knockdown wird, insbesondere auch für unsere freischaffenden Kolleginnen und Kollegen“, sagte zum Beispiel der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko.

In Frankreich trifft es auch die Buchbranche hart, da dort auch Geschäfte schließen müssen. Kampflos will man das aber nicht hinnehmen. „Herr Präsident, entscheiden wir uns für die Kultur, indem wir die Buchhandlungen wieder öffnen“, verlautbarten Schriftsteller, Verleger und Buchhändler. In Frankreich wurde der Lockdown schon am Freitag verhängt. Auch in Italien gehen Künstler in Opposition: Unter anderem kam es in den Städten Mailand, Turin, Genua, Rom und Neapel zu Protesten von Tänzern, Sängerinnen, Schauspielerinnen, Theaterdirektoren und andere Kultur-Arbeitern. In Italien haben Vereine und Gewerkschaften zu diesen Protesten aufgerufen – eines wird auch dort klar: Es wird ein klares Konzept gefordert, wie man der Szene finanziell unter die Arme greifen muss. Zu Protestnoten ist es in Österreich bisher nur verhalten gekommen – die IG Autorinnen und Autoren protestierte in einem Brief. Schon am Donnerstag schickte man Bedenken in Richtung Regierung von weiteren „Belastungsproben abzusehen“. Jetzt kommt es doch zu massiven Einschränkungen.