"Ganz groß und engagiert" soll Österreichs Kulturbetrieb wieder losgehen. Das kündigte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in einer Pressekonferenz am Montag Nachmittag an.  Dabei ging es eingangs auch um aktuelle Erkrankungszahlen: 36 Neuinfizierte, 75 frisch Genesene, 139 Menschen in Spitalsbehandlung und davon 31 auf Intensivstationen meldete Anschober. Alles drehe sich darum, eine zweite Welle zu vermeiden, "und alles geschieht unter dem Vorbehalt, dass die Zahlen gut bleiben", so Anschober. Die Zeichen dafür stehen gut: Es habe "bei allen bisherigen Öffnungsschritten keinerlei negative Auswirkungen gegeben."

Die neue Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer verkündete die wichtigsten Regeln, die ab Freitag gelten: Man habe sich um ein sinnvolles Regelwerk bemüht, "hinsichtlich der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeit, der ökonomischen Machbarkeit und der entsprechenden Atmosphäre im Publikum", so Mayer.

1-Meter-Regel oder freier Platz

Grundregel: Bei Veranstaltungen muss weiterhin mindestens ein Meter Abstand (oder ein Sitzplatz) eingehalten werden. "Schachbrettmuster" im Parkett. Allerdings gelten ab Freitag neue Ausnahmen: Menschen im selben Haushalt dürfen nebeneinander sitzen.  Überdies dürfen, wie auch in der Gastronomie, vier Erwachsene beieinander sitzen. Mayer: "Die beiden Bereiche gehören ja auch irgendwie zusammen, beides ist Teil von Lebensqualität und Lebensfreude." Auch Pausen und Pausenbuffets sind bei Kulturveranstaltungen wieder erlaubt.

Erleichterungen im Außenbereich

Wird der Ein-Meter-Abstand unterschritten, muss bei Veranstaltungen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Ausnahme: Outdoor-Events, da erübrigt sich die Maskenpflicht. Und: Aufgrund des geringeren Infektionsrisikos im Freien sind outdoor auch mehr Besucher erlaubt: Ab 1. Juli dürfen an Veranstaltungen  im Freiluftbereich bis zu 500 Gäste teilnehmen, ab 1. August bis zu 750 (und sogar 1250 mit Extragenehmigung).

Indoor gilt weiterhin: Ab 29. Mai dürfen bis zu 100 Besucher Veranstaltungen besuchen, ab 1. Juli bis zu 250, ab 1. August bis zu 500 Besucher (und bis zu 1000 mit Sondergenehmigung durch die Bezirksverwaltungsbehörden).

Hotels, Freibäder und Freizeitanlagen

Am Freitag dürfen Hotels, Freibäder, Hobbysportanlagen  und Freizeitanlagen wieder aufsperren.  Die bisherigen Öffnungen sollen bis 10. Juni wissenschaftlich evaluiert werden. Auf Basis der Ergebnisse wird der fünfte Öffnungsschritt am 15. Juni erfolgen. Ab diesem Tag sollen die Grenzen zu Deutschland und der Schweiz wieder geöffnet sein. Anschober verspricht sich von der Evaluation auch eine langfristige Perspektive für den Sommer und Herbst.

Österreich ist mit diesem Plan laut Anschober in Europa am weitesten vorangeschritten mit einer kontrollierten, gesicherten, schrittweisen Öffnung. „Die Voraussetzung dafür ist, dass wir das Coronavirus genauso unter Kontrolle halten können wie derzeit“, sagt er. Das würden alle tagtäglich mit dem Verhalten sowie die Gesundheitsbehörden mit einer sehr offensiven Begrenzung von auftretenden Ausbreitungsclustern bestimmen.

Zuversichtlich stimme, so der Gesundheitsminister, dass die bisherigen Öffnungsschritte vom 14. April und vom 1. Mai zu keinen Auswirkungen auf die Fallzahlen geführt haben. Eine wesentliche Information fehlt: Noch ist es zu früh, um zu wissen, wie sich die Gastroöffnung am 15. Mai auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt hat.

Runder Tisch gefordert

Indes haben Vertreter der Eventbranche in einer Onlinepressekonferenz am Montag Alarm geschlagen. "Es ist ein riesengroßes Ökosystem, das hier kurz vorm Kollaps steht", sagte Philipp Cejnek, Geschäftsführer der Signature Group GmbH. Die Initiativen "Ohne uns" und "Kein "Event" fordern einen Runden Tisch mit Politik und Behörden, um Perspektiven für die Veranstaltungsbranche zu erarbeiten.

In einem Offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (alle ÖVP) pochen die Initiatoren außerdem auf verstärkte finanzielle Unterstützungsmaßnahmen. So müssten etwa die Kurzarbeitsregelungen dringend ausgeweitet werden. Rund 800 Unternehmen, darunter Eventagenturen, Veranstaltungstechniker, Mietmöbelfirmen, Floristen, Fotografen und Cateringfirmen, haben sich "Kein Event" und "Ohne uns" bereits angeschlossen.

Insgesamt geht es laut den Organisatoren um 140.000 Personen, die im Veranstaltungssektor arbeiten. "Wir befinden uns seit mittlerweile elf Wochen im freien Fall", klagte Maryam Yeganehfar, Sprecherin der Initiative "Kein Event" und Geschäftsführerin der Agentur yamyam event production.  "Wir sind eine Branche, die kein Gehör bekommt. Wir sind bis dato in keiner einzigen Pressekonferenz erwähnt worden", kritisierte sie.

Auch die angekündigte schrittweise Öffnung im Kulturbereich habe für die Eventbranche kaum Auswirkungen. Dabei brauche es dringend ein Konzept, wann Veranstaltungen in welcher Größenordnung wieder möglich sind. Sollten größere Events nicht bald erlaubt werden, müsse die Branche in einen "Dornröschenschlaf" inklusive Stopp jeglicher Kosten und Abgaben versetzt werden, bis die Arbeit wieder aufgenommen werden kann, forderte Yeganehfar.