Die japanische Kultur ist ja dafür bekannt, Begriffe zu verwenden, für die es in vielen Sprachen kein Pedant gibt: „Shibui“ wäre so eines. Es bezeichnet Dinge, die – sehr salopp gesagt – alt, aber auch sehr gut sind. Davon hätte das Wiener Weltmuseum dann doch gar nicht so wenige, darunter ein paar Tausend Objekte des Japan-Kenners Heinrich von Siebold (1852–1908).

Der Deutsche ging schon mit 17 Jahren, nach dem Tod seines Vaters, des Arztes und Japan-Forschers Philipp Franz von Siebold, nach Japan. Dort lernte er die Sprache, fungierte als Netzwerker und Diplomat, aber auch als Archäologe und Ethnologe. Rund 20.000 Objekte umfasste seine Sammlung – von Musikinstrumenten über religiöse Artefakte und Alltagsgegenstände bis hin zu bäuerlichen Arbeitsgeräten. Mehr als 5000 dieser Objekte schenkte er 1889 Kaiser Franz Joseph, der dankte zwei Jahre später mit einem Freiherrentitel.

Drei historische Fotos, die eine überbordende Aufreihung dieser Sammlung zeigen, waren für Kuratorin Bettina Zorn der Ausgangspunkt für die Ausstellung im Weltmuseum Wien. Projektionen zeigen dem Besucher, welche dieser abgebildeten Objekte ausgestellt sind.
Der rote Faden der Schau ist die Meiji-Zeit (1868–1912), in der sich das abgeschottete Land unter der Regentschaft des Tennos Mutsuhito erstmals öffnete. Rund 200 Objekte zeigt die Ausstellung, der auch ein mehrjähriges Forschungsprojekt mit dem National Museum of Japanese History vorausging.

In insgesamt fünf Räumen taucht man nicht nur in die Welt von Heinrich von Siebold ein, sondern in eine Welt, die von einem ästhetischen Konzept geradezu durchdrungen ist. Es empfiehlt sich vor allem der Blick auf Details, denn japanische Kunst, aber auch Alltagsgegenstände, sind Meisterwerke des Handwerks, denen eines fehlt: marktschreierisches Protzen. Die Schönheit liegt nicht nur im fertigen Produkt, sondern im Fertigungsprozess selbst.

Die Auswahl von rund 200 Objekten, darunter auch etliche aus der Edo-Zeit, mag wenig erscheinen. Aber wer sich mit dem Begleitheft, das jedes Objekt detailreich beschreibt, durch die Ausstellung treiben lässt, der ist gut beschäftigt. Unter anderem mit einer zweisaitigen Wölbbrettzither, die mit winzigen, silbernen Glühwürmchen bestückt ist. Oder mit kunstvoll gearbeiteten Schwertern, deren Griffe mit feinster Rochenhaut überzogen sind. Oder zarte Fächer, die bei Hof nur von Männern verwendet wurden. Und so nebenbei lernt man gleich einen Grundsatz der japanischen Lebensphilosophie Ikigai kennen, nämlich ganz im Hier und Jetzt zu sein. Totemo tanoshi (Viel Vergnügen)!