Dass man als Hauptdarsteller in Jo Nesbøs Büchern mindestens so viele Leben verbraucht wie ein Katzenrudel an einer viel befahrenen Schnellstraße in der Rushhour ist Fans des norwegischen Krimiautors nur allzu gut bekannt. Deswegen ist es wenig überraschend, dass Harry Hole auch im zwölften Teil nicht um gröbere Schrammen an Körper und Seele herumkommt. Den vom Leben gezeichneten – Narbe im Gesicht, fehlender Finger – und von alten Dämonen heimgesuchten Ermittler erwartet gleich zu Beginn eine seiner bisher größten Prüfungen.

Lebenspartnerin Rakel hat ihn aus dem Haus geworfen, nun feiert er ein Stelldichein mit seinem alten Bekannten Jim Beam. Und, weil gut Ding’ Weile braucht, wartet man zu Recht nach einem viel zu leicht erlangten Geständnis einer jungen Frau auf die Bombe, die in den kommenden Seiten unausweichlich platzen wird. Dass Jo Nesbø nicht davor zurückschreckt, liebevoll aufgebaute und mit unverkennbaren Alleinstellungsmerkmalen versehene Charaktere zu entsorgen, ist nichts Neues. Bestes Beispiel aus früheren Zeiten ist der grausame Tod von Holes Kollegin Beate Lønn, die über die Fähigkeit verfügte, alle Gesichter wiederzuerkennen, auch wenn sie sie nur einmal zuvor gesehen hat.

Nach nur wenigen Seiten findet sich Hole jedenfalls in seiner persönlichen Hölle wieder. Hin- und hergerissen zwischen Verlust und Rache begibt er sich auf die Suche, begegnet seinem alten Widersacher Svein Finne – wohl einer der abartigsten Vergewaltiger in der Krimigeschichte – und gerät schließlich selbst ins Fadenkreuz.

Jo Nesbø. Messer. Ullstein-Verlag, 576 Seiten, 24,70 Euro.