Äußerst kritisch kommentiert die "Washington Post" die Verleihung des Literaturnobelpreises an Peter Handke: "Handkes Sieg kommt nicht ohne Kontroverse. Das Komitee, das so darauf bedacht war, die jüngsten Skandale hinter sich zu lassen, könnte gerade in einen neuen gestolpert sein", heißt es. Kollegen wie Salman Rushdie hätten schon früher alarmiert auf Handkes Kuschelkurs mit Serbien reagiert.

Auch der kosovarische Botschafter der USA, VloraCitaku, habe die Zuerkennung des Nobelpreises an Handke umgehend verurteilt. Der britische "Guardian" zitiert den slowenischen Philosophen SlavojZizek, der auf Handkes frühere Aussage, der Literaturnobelpreis gehöre abgeschafft, sagt: Die heurige Entscheidung beweise, "dass Handke recht hatte". "Das ist Schweden heute", so Zizek. "Ein Apologet von Kriegsverbrechen bekommt den Nobelpreis, während das Land einen wesentlichen Beitrag zum Charaktermord des wahren Helden unserer Zeit, Julian Assange, geleistet hat. Unsere Reaktion sollte sein: Nicht den Literaturnobelpreis für Handke, sondern den Friedensnobelpreis für Assange."

Handke "nicht bei allen so beliebt"

Fiammetta Rocco, Kultur-Redakteur des "Economist" und Administrator des "Booker International Prize", plädiert laut "Guardian" dafür, die beiden Preisträger Handke und Tokarczuk "in einem gemeinsamen Kontext" zu sehen: "Sie haben beide offensichtlich sehr unterschiedliche Schreibstile, aber beide schreiben über umstrittene Länder, darüber, wem die Erinnerung gehört und über den zentralen menschlichen Wunsch, Geschichten zu erzählen." Tokarczuk sei bei allen außer der polnischen Rechten beliebt, Handke sei "nicht bei allen so beliebt, außer bei den Anhängern von Slobodan Milosevic. Aber sie werden beide für ihr formales Werk, ihre Imagination und ihren Gebrauch der Sprache geliebt."