Am Anfang stand die Beleidigung: Internet-Nutzer beschimpften vor drei Jahren die damalige Grünen-Politikerin EvaGlawischnig-Piesczek auf Facebook als „miese Volksverräterin“ und „korrupten Trampel“. Die nunmehrige Novomatic-Mitarbeiterin klagte – nicht nur die Beleidiger, sondern auch die mächtige Plattform. Facebook müsse ähnliche Beleidigungen ebenfalls löschen, forderte Glawischnig.

Jahre später traf der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg nun ein Urteil, das die Persönlichkeitsrechte stärkt und weltweit Wellen schlagen wird: Demnach kann Facebook zur weltweiten Löschung von Hasspostings verpflichtet werden, wobei zugleich andere internationale Regeln berücksichtigt werden müssen. Online- Plattformen dürfen zudem verpflichtet werden, nicht nur rechtswidrige Beleidigungen, sondern auch wort- und sinngleiche Kommentare zu entfernen. Also beispielsweise nicht nur „Volksverräterin“, sondern auch „Verräterin des Volkes“.

Glawischnigs Anwältin MariaWindhager, die auch Grünen-Politikerin SigridMaurer in ihrem Hassposting-Prozess vertritt, begrüßte die EuGH-Entscheidung als großen Schritt „im Kampf gegen Hass im Netz“. Ähnlich lautend der Zivilcourage-Verein Zara, wo man hofft, „dass dieses Urteil Betroffenen Mut gibt, sich zu wehren“. 

Positive Reaktionen kommen auch von der von Facebook-Kritiker MaxSchrems gegründeten Datenschutzorganisation "noyb": Die Entscheidung sei „wohlbalanciert“. Wichtig sei allerdings, dass satirische oder journalistische Äußerungen nicht durch automatische Filter eingeschränkt würden.

Kritik kommt naturgemäß von Facebook selbst: Das Urteil würde die Meinungsfreiheit gefährden und die Tür zu proaktiver Überwachung durch Internet-Unternehmen – Stichwort Uploadfilter – öffnen, teilte ein Sprecher mit. Zudem würde die weltweite Löschpflicht den Grundsatz untergraben, dass kein Land einem anderen seine Gesetze zur Meinungsfreiheit aufzwingen könne. Ebenfalls skeptisch zeigen sich die Bürgerrechtsorganisation epicenter.works und der Verband der österreichischen Internetprovider (ISPA), der von „Jurisdiktionsimperialismus“ spricht.

Ob es tatsächlich kommt, wie es das EuGH-Urteil nun ermöglicht, entscheiden die nationalen Gerichte. Im konkreten „Fall Glawischnig“ ist also der Oberste Gerichtshof am Zug, um eine abschließende Entscheidung zu treffen.