Die Handlung ist bekannt, neu sind die Melodien: Die Musical-Version des Erfolgsfilms "Sister Act" mit Whoopi Goldberg, der an den Kinokassen fast 200 Millionen Dollar einspielte, bietet amüsante, kurzweilige Unterhaltung. Gestern startete das Linzer Musiktheater mit der gefeierten Premiere des Musicals in die neue Saison.

Tertia Botha verkörpert die erfolglose Sängerin Deloris Van Cartier, die durchs Leben und über den Mord ihres Geliebten, des Unterweltbosses Curtis Jackson (Karsten Kenzel), an einem seiner Männer, stolpert. Ihr ehemaliger Schulkollege, Polizist Eddie Fritzinger (Gernot Romic) steckt Deloris daraufhin zu ihrem Schutz in ein Nonnenkloster. Dort bringt sie nicht nur den Alltag völlig durcheinander, sondern auch den "einfach unbeschreiblichen" Schwesternchor gehörig auf Vordermann.

Die weibliche Hälfte des Linzer Musical-Ensembles, verstärkt durch sieben Gäste, zeichnet wunderbar und mit viel Witz die Persönlichkeiten der heterogenen Nonnenschar, die der neuen Mitschwester anfänglich großteils skeptisch gegenübersteht. Bald ist das Eis jedoch gebrochen und statt eines schauerlichen "Sanctus" entlockt die auch stimmlich überzeugende Deloris ihnen energiegeladene Gospel-Töne.

Die Musik wurde für die Bühnenversion von Disney-Hitgarant Alan Menken (u.a. "Die Schöne und das Biest", "Arielle", "Rapunzel - neu verföhnt") eigens komponiert und von der 12-köpfigen "Sixtinischen Kapelle" unter der musikalischen Leitung von Tom Bitterlich hervorragend umgesetzt. Die Disney-Anklänge sind in den eingängigen Melodien nicht zu überhören, etwa in "Hier an diesem Ort" von Daniela Dett als Mutter Oberin.

Stärker erkennbar ist der Film in den Kostümen; die Postulatin Schwester Mary Roberts (Hanna Kastner) ist ihrer Filmvorlage gar wie aus dem Gesicht geschnitten. Auf den zweiten Blick zeigt sich Conny Lüders' besondere Liebe zum Detail, etwa an den Hausschuhen, die die Persönlichkeit der Schwestern unterstreichen.

Im Laufe des Abends wandeln sich nicht nur die Nonnen, sondern auch das Bühnenbild von Walter Vogelweider. Wirkt die Kirche am Anfang durch die Gerüst-Konstruktion noch mehr als baufällig, wird sie später zur poppigen Showbühne - sogar eine Discokugel findet die Mutter Oberin im Taufbecken.

Die Botschaft, die am Ende noch in die Handlung eingewoben wird, geht im Glitzer-Discokugel-Feuerwerk unter. Dies tut aber dem Unterhaltungswert keinen Abbruch: Die Linzer Eigeninszenierung (Non-replica Produktion) von Regisseur Andreas Gergen ist eine witzige, spritzige, kurzweilige Show und ein vielversprechender Auftakt in die neue Musicalsaison. Die minutenlangen Standing Ovations am Ende lassen vermuten, dass es nicht bei den 34 Spielterminen bis März bleiben wird.