Seit Wochen prägen ein riesiger Clowns-Kopf, zwei Hände und ein graugelber Fesselballon die Bregenzer Bucht, nun werden sie bis 18. August fast jeden Abend lebendig: die Premiere von Giuseppe Verdis„Rigoletto“ zum Auftakt der Bregenzer Festspiele fand begeisterte Zustimmung – obwohl die Oper nicht leicht auf die großen Dimensionen der Seebühne zu übertragen ist.


Doch Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl weiß mit den Dimensionen umzugehen: Er bespielt den Kopf vom Scheitel bis zum Mund, macht den Clownskragen zur Spielfläche, lässt Gilda gen Himmel entschweben – so entstehen starke Bilder. Soviel hydraulikgesteuerte Beweglichkeit, soviel Seilsicherungstechnik für alle waren freilich selten.
Der lebenslustige Herzog von Mantua ist hier zum Zirkusdirektor geworden, Rigoletto, sein Hofnarr, zum Clown. Artisten, Statisten im Affenkostüm, Messerwerfer (der finstere Sparafucile mit seiner Schwester als Lockvogel), bevölkern die Bühne. Der Kopf zeigt erstaunliche „Mimik“, verdreht die Augen, scheint zu lächeln, der Mund öffnet sich. Beim Fluch des Monterone „platzt“ dem Clown buchstäblich der Kragen, die Spielfläche bricht auseinander.

Ebenso beweglich ist die „rechte Hand“, Schutzraum für Rigolettos Tochter Gilda, die hier versteckt gehalten wird. Gilda wirkt wie die Zirkusprinzessin im blauen Kleid. Doch der Herzog betört Gilda, weckt Träume, die mit dem Ballon in den Nachthimmel geschickt werden. Mit der zunehmenden Verdüsterung des Stücks geht die Demontage des Kopfes einher, zunehmend wirkt er wie ein Totenschädel. Mit Blitzen und Sturzbächen, die aus seinen leeren Augenhöhlen fließen, ist auch die Gewitterstimmung des letzten Akts perfekt. Und wenn Gilda an Stelle des Herzogs umgebracht wird und ihre blaue Schärpe vom aufsteigenden Ballon flattert, werden noch einmal die riesigen Dimensionen dieser Produktion klar.

Im Zirkusmilieu

Auch wenn die Übertragung ins Zirkusmilieu ihre Widersprüche hat und intimere Szenen durch Aktionismus konterkariert werden, zieht Stölzls Deutung von der Geschichte des Hofnarren und seiner Tochter in ihren Bann. Natürlich dank der wunderbaren Musik von Verdi, ihrer Kraft, Fröhlichkeit, Zartheit und Tragik, die Enrique Mazzola am Pult der Wiener Symphoniker entfaltet.

Melissa Petit gibt eine anrührende Gilda mit zart ausgesponnen Koloraturen und warmer Strahlkraft. Stephen Costello ist ein unbekümmerter, höhensicherer Herzog, der an Farben noch gewinnen sollte. Vladimir Stoyanov lebt sich mit dunklen Farben in die Verzweiflung und Düsternis der Titelpartie ein.

Zur Premiere spielte alles bis in die kleineren Partien wunderbar zusammen – ob sich Gilda auch bei Wind und Wetter im Ballon bewährt, wird sich in den nächsten Wochen weisen.