Mit Spitzenschuhen der Größe 45 oder 47 treten sie an, die "Trocks": allesamt Männer, jedem Tänzer wurden zwei Identitäten verpasst, eine männliche und eine weibliche. So ist etwa Maria Clubfoot auch Boris Dumbkopf, Eugenia Repelskii auch Boris Mudko. Die Namensgestaltung mit fingierten Künstlerbiografien (z. B. Sonia Leftova als "die Verlassene") ist also inspiriert von Charakterzügen und Persiflage. Besonders schön: die Chanelski. Die 15-köpfige Truppe überhöht die Manierismen des Ballettkosmos, spielt mit Klischees, Ritualen, Rivalitäten und dem Perfektionswahn. Wer eine Drag-Show erwartet hat, wird enttäuscht. Augenzwinkernd wird die klassische Ballettwelt als Komödie auf die Bühne gebracht, ohne dabei die Anmut zu verlieren.

Denn man ist schon lange weg von Slapstick und Travestie, die die Anfangsjahre bestimmt haben; gegründet wurde die Company Anfang der 1970er-Jahre von einer Gruppe Ballett-Enthusiasten in New York. In dieser Anfangszeit bestand das Ensemble eher aus Amateuren mit Bewegungstalent und nicht aus professionellen, klassisch ausgebildeten  Tänzern wie heute. Nach Tschaikowskis "Schwanensee" (II. Akt) kommt besonders "Go for Barocco" (Johann Sebastian Bach) mit dem größtem Charme-Faktor und einer unglaublichen Leichtigkeit bei diesem ersten Graz-Gastspiel daher.

Kokettiert wird an diesen Abenden in der Oper Graz (neben dem sterbenden Schwan, der seine Federn lassen muss, steht noch "Raymonda's Wedding" mit der Musik von Alexander Glazunov auf dem Programm) mit "Patzern", Missgeschicken und Ausrutschern, fingierter Erschöpfung (wenn die Puste ausgeht), Zickenkrieg und dem Streit um den Blumenstrauß beim Applaus. Da hat dann auch eine nicht gerade vornehme Geste Platz oder ein Aufschrei. Oder gar Huckepack. Oder ein kurzes Aus-der-Rolle-Fallen. Oder dass "sie" ihn hebt. Nur die Musik kommt aus der Konserve und von keinem Live-Orchester.

Fazit: Der Spitzentanz ist keine Domäne der Frauen im preisgekrönten "Trocks"-Universum (u.a. der britische Critics' Circle National Dance Award 2007). Herzlicher Applaus und auch Bravo-Rufe bei der Graz-Premiere. Keep on Trocking! Alle Vollzeittechnikstellen für die Tourneen sind übrigens mit Frauen besetzt.
Les Ballets Trockadero de Monte Carlo: Noch bis 30. Juni, jeweils 19.30 Uhr (Samstag und Sonntag auch um 15 Uhr), Oper Graz. Karten (ab ca. 28 Euro): Tel. (0 316) 8000, Abendkasse und über www.oeticket.com