Manche Inszenierungen werden mit der Zeit besser wie ein gut abgehangenes Steak. Und manche schrumpeln zusammen wie eine alte Zitrone. Andreas Homokis "Lohengrin", der 2014 an der Wiener Staatsoper Premiere feierte, gehört zu den Zitrusfrüchten. Daran kann selbst ein Rollendebüt von Andreas Schager nichts ändern. Aber immerhin lohnt sich hier das Augenschließen, um dem Bauernschwank zu entkommen.
Hatte bei der Premiere noch Klaus Florian Vogt die Titelpartie übernommen, gewährte am Dienstag nun Schager der Staatsoper das Ius primae noctis für seinen Lohengrin. Nach seinem Max im "Freischütz" ist die Wagner-Partie nun bereits die zweite Hauptrolle, die der 1971 geborene Schager heuer im Haus am Ring singt. Nachdem der gebürtige Niederösterreicher seine steile Weltkarriere primär in Berlin unter Daniel Barenboim gestartet hatte, entdecken mittlerweile auch die Wiener ihre Liebe zur Stimme des Tenors.
Dass diese von der Charakteristik gar nicht so weit entfernt von Vorgänger Klaus Florian Vogt ist, erwies sich auch am Dienstagabend wieder. Licht und von schneidender Klarheit in der Höhe, geschmeidig im Ansatz und vibratoarm in der Ausgestaltung, machte Schager vergessen, dass er in der Homoki-Inszenierung die Partie des Schwanenritters entweder in der Lederhose oder im Schlafrock singen muss.
Aber immerhin weiß er sich da ja in guter Gesellschaft, wenn Routinier Petra Lang als Ortrud wie eine dralle Wies'n-Wirtin statt dämonischer Nemesis daherkommt oder Evgeny Nikitin - spätestens seit dem Skandal um ein angebliches Hakenkreuztattoo, das ihn das Engagement in Bayreuth kostete, bekannt -, als Telramund nach anfänglichem Schwanken zu wirkstarkem Ausdruck fand, obgleich über weite Strecken wie eine Wilhelm-Busch-Figur gewandet. Das Quartett komplettierte Elza von den Heever als Elsa, die mit der Tiefe und wenig nuancierter Intonation kämpfte. Der einhellige Jubel war am Ende allen Beteiligten sicher, zu denen am Pult auch Simone Young zählte, die ihre Musiker nach gemächlichem Anfangstempo überraschend forsch durch den Abend führte.
Den größten Applaus konnte allerdings zu Recht Andreas Schager einheimsen. Dessen Debüt reiht sich in eine ganze Kohorte an persönlichen Rollendebütanten ein, die sich in dieser Saison an der Staatsoper praktisch die Klinke in die Hand geben. So wird Piotr Beczala etwa im Februar erstmals den Cavaradossi in der "Tosca" singen und im Mai Nina Stemme die Färbersfrau aus Strauss' "Frau ohne Schatten". Hoffentlich ohne dabei auszusehen wie frisch dem Musikantenstadl entsprungen.