Es war ein aufsehenerregender Fall: im April dieses Jahres gab die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) bekannt, dass sie „zum Schutz der Studierenden“ einen ihrer Professoren entlassen habe. Der Grund: der Cellist habe seine Position „gröblich missbraucht“. Was sich hinter dieser vagen Formulierung verbirgt, sollte erst im Verlauf der weiteren Entwicklung deutlicher werden.

Die Entlassung zwang den Dienstgeber des Musikers, die Wiener Staatsoper, nachzuziehen: der von der Rektorin der mdw, Ulrike Sych, Entlassene wurde bis auf Weiteres beurlaubt. Ebenso hielten es die Wiener Philharmoniker, in deren Reihen der Cellist ebenso spielt.

Der Professor ging zum Arbeitsgericht, um seine Entlassung anzufechten, die Staatsoper untersuchte den Fall intern. Kollegen und Substituten wurden befragt, ob ihnen sexuelle Übergriffe des Musikers zu Ohren gekommen oder ob sie gar selbst davon betroffen gewesen seien. Da die interne Untersuchung nach Aussagen der Staatsoper kein Ergebnis zutage förderte, entschloss sich die Direktion, den Musiker mit Saisonbeginn wieder spielen zu lassen. Auch die Philharmoniker beendeten die Beurlaubung.

Rektorin Sych: "Machtmissbrauch an jungen Menschen"

Am Dienstag dieser Woche begann der Prozess vor dem Arbeitsgericht in Wien. Richterin Brigitte Erhart machte den Kläger darauf aufmerksam, dass die ihm zur Last gelegten Vorwürfe im Urteil aufscheinen könnten, Dinge, deren Öffentlichwerden ihm vielleicht nicht recht sein werden. Eine einvernehmliche Lösung lehnte jedoch Rektorin Sych mit dem Satz ab, sie könne „Machtmissbrauch an jungen Menschen nicht tolerieren“, wie der „Kurier“ berichtete.

Welcher Art der „Machtmissbrauch“ war, der dem Professor vorgeworfen wird, wurde deutlicher, als die Richterin den ersten der zahlreichen Zeugen hereinbat. Ein junger Mann berichtete, der Kläger habe ihn nach einem Vorspiel zur Teilnahme an einer „Meisterklasse in Salzburg“ eingeladen. Was er über das Fehlverhalten des Professors zu Protokoll gab, fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Überraschender Rückzug des Klägers

Im Zuge der Verhandlung zeigte sich außerdem, dass der Kläger seine für das Verfahren nicht unwesentlichen Vermögensverhältnisse nicht offenlegen wollte. Die Richterin bezweifelte nämlich die Behauptung des Klägers, er verdiene aufgrund der Entlassung und Dienstfreistellung so gut wie nichts. Die Anwälte des Klägers versprachen, die Angaben am Freitag nachzuliefern.

Am Freitag dann die Überraschung. Nach einstündiger Beratung gaben die Anwälte des Klägers und der mdw bekannt: „Das Verfahren zwischen der Universität und Prof. N. wurde im beidseitigen Interesse beendet.“ Im Klartext bedeutet das, die Entlassung  wird nicht zurückgenommen. Ob auch das Hausverbot an der mdw, das über ihn verhängt worden sein soll, aufrecht bleibt, gaben Sprecher der mdw nicht bekannt, da über den zitierten Satz hinaus zwischen den Anwälten Stillschweigen vereinbart worden war.