In dieser Strengen Kammer wartet keine Domina, sondern ein etwas linkisch wirkender Mann, der seine Gäste auf einen Siebzigerjahre-Hometrainer setzt und ein Gespräch beginnt. Der Kabarettist Christian Hölbling hat mit Helfried eine mehrfach ausgezeichnete Kunstfigur geschaffen und mit der Strengen Kammer eine Kulttalkshow. In der Special Edition zum Muttertag schwingen sich neben Martin Kušej die Schauspielerinnen Anne Bennent und Gerti Drassl sowie der Musiker Oliver Welter in den Sattel.

Musste Christian Hölbling schwere Geschütze auffahren, um Sie in die „Strenge Kammer“ zu holen?
Martin Kušej: Ich kenne ihn persönlich noch nicht. Man hat mich eingeladen, ich habe ein seltsames Video mit einem uralten Hometrainer und einem geistreichen Kärntner gesehen, fand das witzig und habe zugesagt.


Wissen Sie, was Sie erwartet? Welche Themen wären für Sie tabu? Oder sind Sie einer, mit dem man über alles reden kann?
Ich denke, der Witz der Veranstaltung ist eine gewisser Situationskomik und Schlagfertigkeit – das finde ich spannend. Grundsätzlich rede ich über alles gerne, aber es erschiene mir langweilig, weitere Beiträge zur #MeToo-Debatte oder Gender-Fragen mit mir diskutieren zu wollen; also all diese Dinge, die das Ende der grünen Bewegung herbeigeführt haben . . . Noch ultra-langweiliger fände ich allerdings das Thema FPÖ.


Am 17. Mai hat Friedrich Schillers „Don Karlos“ in Ihrer Regie am Residenztheater Premiere. Ein Vater-Sohn-Konflikt mit weitreichenden Auswirkungen. Machtspiele, Intrigen, die Liebe als Teil der Politik… was hat Sie an „Don Karlos“ gereizt?
Als Theatermacher hat mich der feine und stringente Plot gereizt. Ein unglaubliches Drehbuch, das sehr kompliziert ist und eine Herausforderung für jedes Theater darstellt. Dazu die komplexen Figuren und die strenge klassische Sprache – etwas, was völlig verfällt und gepflegt werden sollte. Dann fand ich die schiere Größe des Unternehmens spannend: etwa 66 verschiedene Szenen, fünf Akte, 13 Rollen und ein gigantischer historischer Abriss.


Könnten Sie das präzisieren?
Schiller hat zwar geahnt, dass die idealistische Idee von der Freiheit nicht so einfach zu haben sein wird. Wir allerdings wissen vollends, dass wir es schon mehrfach vergeigt haben. Es gab keinen Moment in der Geschichte der Menschheit, der uns so nahe an die Freiheit herangebracht hat, wie in etwa vor 20 Jahren. Heute sind wir unfreier und unsicherer als in unseren schlimmsten Träumen! Die Überwachung ist allumfassend, die Menschenrechte massiv eingeschränkt und die gesamte gesellschaftliche Entwicklung ist reaktionär, kleinkariert nationalistisch und dystopisch.


Was wird man zu sehen bekommen?
In erster Linie ein erstklassiges Ensemble und eine – ja, leider! – totale Old-School-Aufführung, die versucht, der Komplexität des Themas und des Texts gerecht zu werden. Mit all unserer heutigen Energie und unseren modernen Fragen und Ängsten. Ich hatte mehrere Träume darüber, wie man diese Geschichte erzählen könnte und wie sie mich beschäftigt hat. Mit meinen Schauspielern versuchen wir, diesen sehr dunklen Träumen Bilder und den Menschen darin Seelen zu geben.
Geht Ihnen der Ruf, ein „radikaler Theatermann“ zu sein, auf die Nerven?
Ziemlich! Ich hoffe doch, dass diese Kategorisierung mittlerweile auf Vertreter der jüngeren Generation zutrifft. Radikal im wörtlichen Sinn, also auf die Wurzel, den Ursprung zurückgehend, ja, das bin ich immer noch. Ich mache Kunst und vermittle Kunst – hier gibt es keine Kompromisse. Ebenso wenig in meinen Haltungen als öffentliche Person.


Wie sehr sind Sie neben dem Residenztheater bereits mit dem Burgtheater beschäftigt? Eine Zeit lang herrschte ziemliche Aufregung, weil es hieß, Sie würden auch im Ensemble ordentlich umrühren.
Die Aufregung entstand aufgrund einer dieser typischen österreichischen Skandal-Intrigen – diesmal bei Ö 1. Ich wurde bewusst falsch zitiert und zack, das Kind war in den Brunnen gefallen ... Weil man so etwas nie wieder flicken kann, muss ich also dazu stehen: Ja, es wird und muss im Burgtheater Veränderungen geben und ich denke, man hat mich dazu ja auch geholt. Im Hintergrund versuche ich das sachlich, ruhig und kompetent zu bewerkstelligen. Eine Spielplan-Präsentation und vieles andere mehr wird es in etwa einem Jahr geben.