Nur wenige Stunden nach Beginn der Arbeiten am Gelände von Stonehenge gelang dem Archäologen Wolfgang Neubauer mit der Entdeckung eines neuen "Henge" aus Holz ein Highlight seiner Arbeit - ohne ein einziges Mal den Spaten anzusetzen. Es sollte nicht der einzige spektakuläre Fund bleiben, die der "Wissenschafter des Jahres" und sein Team mit modernen Prospektionsmethoden ans Licht gebracht haben.

Neubauer, am 14. September 1963 in Altstätten (Schweiz) als Sohn österreichischer Eltern geboren, bezeichnet sich selbst als "Gastarbeiterkind". Kindheit und Jugend in der Schweiz bescherten ihm nicht nur nachhaltig einen alemannischen Zungenschlag, sondern auch eine für die damalige Zeit große Auswahl an TV-Sendern, in denen er den Ursprung seines Archäologieinteresses vermutet. Belegt sei dieser Berufswunsch schon früh durch einen Schulaufsatz, den er mit elf Jahren geschrieben hat. Und ebenso früh, nämlich mit 15, nahm er bereits als Freiwilliger an seinen ersten archäologischen Grabungen in der Schweiz teil, wie der 52-jährige Wissenschafter im Gespräch mit der APA erklärte.

Informatik

Neben der Archäologie begeisterte ihn sein Informatiklehrer für Bits und Bytes. Als Neubauer dann in Wien zu studieren begann, wollte er seine beiden Interessen durch ein Studium irregulare an der Uni Wien und der Technischen Universität Wien mit Ur- und Frühgeschichte sowie Mathematik verbinden. Sein Ansuchen dafür wurde aber nicht genehmigt, weshalb er eine Fächerkombination wählen musste. Das Diplomstudium in Ur- und Frühgeschichte, Archäometrie und Mathematik schloss er 1993 ab.

Seine spätere Konzentration auf die archäologische Bodenerkundung (Prospektion) ist dabei nicht die logische Konsequenz aus seiner Ausbildungskombination, sondern "Zufall", wie sich Neubauer erinnert. Vielmehr wählte er für ein Proseminar mit der geophysikalischen Prospektion das einzige ihm noch unbekannte Thema. Schnell war er begeistert davon und als sein damaliger Professor Falko Daim die Frage, wer denn das in Österreich mache, mit "niemand" beantwortete, "habe ich gesagt: Ok, dann mache ich das jetzt".

Magnetische Prospektion

Im Jahr 2000 machte Neubauer die magnetische Prospektion in der Archäologie zu seinem Dissertationsthema, acht Jahre später habilitierte er sich zum Thema "Interdisziplinäre Feld-Archäologie". Schließlich konnte Neubauer die Ludwig Boltzmann-Gesellschaft überzeugen, 2010 ein eigenes Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie einzurichten, das er leitet und das mittlerweile 35 Mitarbeiter hat.

Rasch reüssierte Neubauer mit seiner "Zukunfts-Archäologie", die Daten aus Magnetmessungen, Bodenradar, Luftbildern und Geoinformationssystemen mit 3D-Techniken am Computer vereint. So wurde aus dem Gastarbeiterkind ein international gefragter "Gastarbeiter" - etwa als Kooperationspartner im "Hidden Landscapes Project", in dem seit 2010 die gesamte Landschaft rund um das berühmte steinzeitliche Monument "Stonehenge" in Großbritannien erforscht wird. Quadratmeter um Quadratmeter wurde und wird das Gelände dabei erforscht, mit Traktoren, Quads und notfalls zu Fuß die Messgeräte über den Boden gezogen. Mit 4,5 Hektar pro Stunde ist Neubauer dabei Rekordhalter in seinem Team, wie er verschmitzt anmerkt.

Stonehenge

Auf Anhieb, nur wenige Stunden nachdem sie ihre Messgeräte zusammengebaut hatten, gelang Neubauers Team lediglich 900 Meter von Stonehenge entfernt die Entdeckung eines bisher unbekannten Monuments, ein "Henge" aus Holz mit ehemals 24 massiven Pfosten, die von einem Grabenwerk umgeben waren. Und heuer wiesen sie ein riesiges Steinmonument unter dem Wall der drei Kilometer von Stonehenge entfernten steinzeitlichen Anlage von Durrington Walls mit zumindest 200 bis zu 4,5 Meter hohen Steinen nach, die teilweise noch vorhanden sind.

Carnuntum

Auch das gesamte Stadtgebiet des antiken römischen Carnuntums in Niederösterreich hat Neubauer mit seinem Team untersucht. Sie stießen dabei auf ein sechs Fußballfelder großes römisches Militärlager und eine antike Gladiatorenschule. Mit Hilfe eines neu entwickelten, schneetauglichen Bodenradarsystems konnten die Forscher in Borre (Norwegen) einen wikingerzeitlichen Häuptlingssitz mit Ritualplätzen und Hafenanlage neben den berühmten Grabhügeln nachweisen.

Auf den Spuren der Wikinger hat Neubauer auch in Schweden, Dänemark und Island Messungen durchgeführt. So wie das Objekt seiner Untersuchungen würde auch er gerne den Sprung über den Atlantik machen und in Amerika die letzten Spuren der Wikinger untersuchen.