Ein Star wie Jazz-Altmeister Al Jarreau, der seit Jahrzehnten auf den ganz großen Bühnen der Welt unterwegs ist, hat die Wiener Staatsoper binnen Sekunden im Griff. Der 74-jährige Musiker und seine fünfköpfige Band brachten das Publikum am Donnerstagabend im Rahmen des Jazz Fest Wien gleich mit der ersten Nummer, dem Funk-Jazz-Hit "Boogie Down", auf Hochtouren.

Sobald die ersten Rhythmen erklangen und die hochgewachsene US-Jazzlegende in schwarzer Hose, weißem Sakko mit lässig hochgeschobenen Ärmeln und einer tief ins Gesicht gezogenen grauen Mütze auf der Bühne erschien, kam in den gut gefüllten Rängen Stimmung auf. Fetziger Sound und unorthodoxe Intonationen rissen die Zuhörer mit.

Die Fangemeinde genoss die musikalische Darbietung des Künstlers, der sich beim Gehen schon etwas schwerer tut, aber von der Gesamterscheinung her eine ungebrochen entspannte und positive Ausstrahlung hat. Der siebenfache Grammy-Award-Gewinner brauchte nur die nächste Nummer anzustimmen, schon klatschte das Publikum freudig.

Al Jarreau, der mit vollem Namen Alwyn Lopez Jarreau heißt, wurde in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin als Sohn eines Pfarrers und einer Organistin geboren. Vor vier Jahren musste er wegen eines Herzleidens eine Reihe von Konzerten absagen.

In Wien servierte der Jazz-Sänger gestern Kostproben aus seiner heuer erschienenen CD "My Old Friend", die seinem langjährigen, im Vorjahr verstorbenen Freund George Duke gewidmet ist. Der Pianist begleitete Al Jarreau schon in den Sechzigerjahren in San Francisco, als dieser in einem kleinen Klub nebenbei zu singen begann. Seine eigentliche Musikerkarriere startete Jarreau aber erst im Alter von 35 Jahren, nachdem er Psychologie studiert und als Sozialarbeiter gearbeitet hatte.

Die Jazz-Seele sang mit der akustisch kräftigen Unterstützung von Bandleader Joe Turano an den Keyboards und am Saxophon, E-Bassist Chris Walker, Schlagzeuger Mark Simmons, Gitarrist John Calderon sowie Keyboarder und Flötist Larry Williams. Insgesamt stützte den Auftritt mehr Hintergrundchorgesang als früher. Turano durfte zwischendurch ein Saxophon-Solo zum Besten geben und Walker zwei romantisch-schmalzige Songs, die er aber mit überzeugender Stimmkraft bis unters Juchhe der Oper hinauftrug.

Zwischendurch erntete der bestens gelaunte Al Jarreau immer wieder Begeisterungsstürme. Die Show schloss der Jazz-Sänger mit einer extralangen Variation des Dave-Brubeck-Klassikers "Take Five" ab. Das Publikum quittierte den Auftritt mit Standing Ovations.

Es folgten in Summe fünf Zugaben, bei denen es die Musiker noch einmal so richtig krachen ließen; die Zuhörer blieben die ganze Zeit über stehen und applaudierten. Die Staatsoper brodelte zwischendurch wie ein Hexenkessel, bis Al Jarreau die Menge mit etwas sanfteren Klängen beruhigte und letztlich mit schwungvollem Sound und den Worten "I love being here, in this great place of memories - this is quite something" entließ.