Es war eine jener seltenen Theatervorstellungen, die auch in der festspielverwöhnten Salzburger Theaterlandschaft niemanden unberührt gelassen hat. Das Schauspielhaus hat "Persona" von Ingmar Bergman am Donnerstag erstmals in Österreich gezeigt. Ein grandioser und klug in Szene gesetzter Text mit intensiv-mitreißenden Schauspielern - ein unerwartet großer Abend in Salzburg.

Gute Theatertexte sind bekanntlich rar. Umso bemerkenswerter ist, dass sich bisher noch kein österreichisches Theater mit dem von Bergman selbst geschriebenen, 1966 zum gleichnamigen Film verarbeiteten, Drehbuch beschäftigt hat. Da ist herausragendes Theater in den Archiven gelegen, das Schauspielhaus hat es ausgegraben.

Die "Schauspielerin" ist am Bodensatz des Sagbaren angelangt und beschließt zu schweigen, redet kein Wort. "Aber dieses Versteck ist nicht dicht genug, überall dringt Leben hinein", sagt die Ärztin über die vor der Wirklichkeit flüchtende, sprachlos gewordene Schauspielerin. Eine Krankenschwester sucht diese Wirklichkeit ebenso entschlossen. Sie redet über die Wunden ihres Lebens, verliebt sich in die "starke, schöne" Schauspielerin, wird bitter enttäuscht und verzweifelt schließlich an der Nutzlosigkeit der Sprache. Die beiden werden einander zum Spiegel ihrer Seelen, die Identitäten verschmelzen, und das Porzellan der Zuneigung zerbricht. Aber die Schauspielerin sagt dann doch ein Wort. Ein einziges Wort: "Nichts". Jeder im Saal ist wie vom Donner gerührt.

Regisseurin Judith Keller hat diesen literarisch präzisen und emotional intensiven Text geschickt und klug umgesetzt. Ihr Kunstgriff: Sie transferiert die Gedankenebene auf Videos. Samuel Käppeli hat die hochauflösenden Großaufnahmen verzweifelt Sprache herauspressender Münder gedreht und auf weiße Leinwände projiziert, aus denen Bühnenbildner Erich Uiberlacker konkrete Räume wie "Krankenhaus" und Landhaus" sowie abstrakte Räume wie "Erstarrung", "Nichts" und "Tod" geformt hat. Mit dieser von Bergmann selbst gedachten Bildsprache an der Schnittstelle von Film und Theater hat das Schauspielhaus das Publikum kalt erwischt.

Im Zentrum der Bühne steht Christiane Warnecke. Sie gibt angepasste Bravheit, kindlich-neugierige Zuneigung, simple Lebensfreude, höchst aggressive Wut und zerstörerischen Hass mit gepflegter Sprachkultur, vollem Körpereinsatz und seltener, an Schmerz grenzender Eindringlichkeit. Auch Sophie Hichert als "Schauspielerin" spielt stumm und stark zugleich, ihr gelingt es, Seelenregungen wortlos sichtbar zu machen. Ensemble-Neuling Susanne Wende beweist als Ärztin gute Sprache und seriöses Rollenverständnis, und auch Albert Friedl in der sehr kleinen Rolle des Ehemannes passt gut ins Team. "Persona" von Ingmar Bergmann ist ein Pflichtstück für alle, die literarisch außergewöhnliches Theater mögen und vor den verwirrenden Untiefen der Seele nicht zurückschrecken.