Am 1. Juli starten die Festspiele Reichenau in ihre 27. Spielzeit. Das Intendantenehepaar Renate und Peter Loidolt blickt im APA-Gespräch durchaus zuversichtlich auf die kommende Saison. Beim Kartenverkauf wird die 40.000er-Marke angepeilt: "Wir wollen die Legende von den ausverkauften Vorstellungen aufrechterhalten."

In der Tat sind Tickets einmal mehr Mangelware. Schnitzlers "Weites Land" (Regie: Hermann Beil, mit Joseph Lorenz und Julia Stemberger) ist ausverkauft, ebenso der "Prozess". Für die weiteren Stücke gibt es noch Restkarten.

Nicolaus Haggs "1914", konzipiert aus Sicht der Attentäter von Sarajevo, stellt Fragen nach der Entstehung von Terrorismus und nach der Arroganz der Macht. Die Loidolts setzen bei diesem Thema, bei dem allmählich ein "gewisser Sättigungsgrad" zu konstatieren sei, auf die Authentizität des Schauplatzes, ist Reichenau u.a. als Geburtsort von Otto Habsburg doch mit der Geschichte der Monarchie eng verbunden. Regina Fritsch inszeniert die Hagg'sche Bühnenbearbeitung von Fontanes "Effi Briest" mit Tochter Alina in der Hauptrolle und wirkt als deren Mutter an der Seite von Martin Schwab auch selbst mit. In Nestroys "Unverhofft" sind Miguel Herz-Kestranek und Brigitte Swoboda in den Hauptrollen zu sehen.

"Wir sind keine Theaterfabrik", erklärt Peter Loidolt, "ein Stück hat bei uns zwei Jahre Vorbereitungszeit. Mit einem Eigenfinanzierungsanteil von 88 Prozent sind wir so gut aufgestellt, dass wir mehr Steuern zahlen als Subvention erhalten." Und Renate Loidolt ergänzt: "Wir sind für die gesamte Region ein echter Sommerwirtschaftsfaktor und keinesfalls Bettler oder Bittsteller. Aber wir müssen eben auch etwas machen, wofür wir einen Markt finden." Eher als Produzenten denn als Intendanten verstehen sie ihre Funktion, die sie als Eigentümer des Theaterunternehmens auch weiterhin beibehalten wollen ("Wie der Dichand bei der Kronenzeitung").

Für 2015 steht der Spielplan schon fest: Ibsens "John Gabriel Borkman" - als Beitrag zur aktuellen Bankenkrise -, Schnitzlers "Professor Bernhardi" (mit Joseph Lorenz und Peter Matic), Raimunds "Alpenkönig und Menschenfeind" (mit Herz-Kestranek und Toni Slama) sowie - statt der ursprünglich angekündigten "Kameliendame" - Karl Schönherrs "Weibsteufel". In einer kleineren Produktion soll es um Alma Mahler gehen.

Um den Nachwuchs macht man sich keine Sorgen, weder beim Publikum noch bei den Schauspielern: "Spätestens mit 45 Jahren, wenn das Leben einigermaßen konsolidiert ist, kommt die Lust aufs Theater. Und so viele junge Menschen drängen in die Schauspielschulen." Einer dieser Vielversprechenden ist Stefan Gorski, der in "1914" den Attentäter Gavrilo Princip spielt. "Princip - so sprechen wir den Namen auch aus, und man wird uns deshalb kritisieren, aber wir haben die bosnische Artikulation recherchiert", beugt Loidolt vor.