Regelmäßige Arbeitszeiten sind im Leben von Jann Doll eine Möglichkeit, keine Vorgabe. Seine Schnitte setzt der freischaffende Filmproduzent aus Graz selbst. Eindeutige „Cuts“ gibt es im Berufskosmos des 25-Jährigen aber ohnehin nicht. Der Alltag des Grazers entspinnt sich eher als One-­Take-Blockbuster vor seinen eigenen Augen. Mit der Filmklappe sitzt Doll als Regisseur seiner selbst im Sessel und gibt sich Anweisungen.

Bevor der Grazer sich aber für eine Arbeitswelt ohne Sicherheit und Routine entschied, verlief zunächst alles in klassischen Bahnen. Matura. Studium der Pädagogik. Abschluss. Arbeiten in Kinderbetreuungsstätten. Was sich für viele nach beruhigender Sicherheit anhört, war für Doll beklemmender Status quo. „Die Sicherheit machte mir große Angst“, erinnert er sich. „Ich musste mir ständig die Frage stellen: Was kann in deinem Leben überhaupt noch auf dich zukommen? Das Unbestimmte reizte mich wesentlich mehr.“

Jann Doll: "Es dauert, ­solange es dauern muss. Solange ich nicht ­zufrieden bin,  arbeite ich.“
Jann Doll: "Es dauert, ­solange es dauern muss. Solange ich nicht ­zufrieden bin, arbeite ich.“ © Jann Doll


Aufträge erhält der Videokünstler von internationalen Marken, heimischen Politikern oder Veranstaltungsstätten. Der junge Freischaffende dreht überall. Ob in Graz oder Reykjavík. Erst unlängst musste Doll mit seiner Zwei-Mann-Firma nach Südafrika. Am Strand von Kapstadt wurde ein Werbefilm für einen Sport­artikelhersteller produziert.

Immer mehr Großkunden setzen auf sein junges ­Bewusstsein für Bildsprache und moderne Ästhetik. Viele Auftraggeber melden sich nach einer gelungenen Zusammenarbeit wieder. So auch besagte Sportmarke. Bereits ein Jahr zuvor arbeitete Doll mit der Firma zusammen. Spontan filmte er damals seine Freunde, sendete das Material wieder einmal auf gut Glück an das Unternehmen. Kurze Zeit später meldete sich der CEO, der Film sollte zur Primetime auf Pro Sieben über die Fernseher flimmern.

Auch wenn die Freiheit nach wie vor Platz für Unsicherheiten lässt, kann Jann Doll heute, vier Jahre nach Firmengründung, mit einem ungefähren Fixgehalt und Stammkunden rechnen. Eine nicht unwesentliche Säule, die das Gewicht der Selbstständigkeit entscheidend trägt. Denn besonders in den Wintermonaten liegt das Berufsfeld, auf dem normalerweise Arbeitsaufträge gedeihen, brach.

„Ich kann Geld zur Seite legen, mir neues Equipment leisten und brauch mir keine Gedanken machen, ob ich mir diesen Ausflug oder jenen Kaffee leisten kann“, beschreibt Doll seine finanzielle Lage. Sehr wohl macht der junge Freischaffende sich aber Gedanken über die Qualität seiner Werke.

Eine Videoaufnahme setzt sich nicht nur aus Farbe, ­Winkel, Perspektive und ­Bewegung zusammen. Damit die Bilder nahtlos ineinander übergehen und rund wirken, muss Doll ebenso in den ­Disziplinen Ton, Musik und Dramaturgie firm sein. Vieles bringt sich der „Do it yourself“-­Arbeitnehmer selbst bei. Die Unterstützung von anderen jungen Freischaffenden ist ihm ebenso gewiss.