„Wir werden immer älter und kränker“ – das hört man wie das Amen im Gebet in Diskussionen um Gesundheit und Soziales. Stimmen Sie diesem Befund zu?
HOLGER PENZ: Nicht ganz. Die demografisches Entwicklung ist unbestreitbar, die Gesellschaft verändert sich, wird älter. Dass sie kränker wird, würde ich nicht sagen. Vielmehr wissen wir nur besser über Krankheiten Bescheid, können Diagnosen zu Beschwerden stellen, die früher gar nicht erkannt wurden. In Summe ist es notwendig, mehr Menschen medizinisch zu versorgen. Es gilt daher, schon jetzt die Kräfte auszubilden, die wir in Zukunft dringend benötigen werden. Unser Studienbereich ist dafür gut aufgestellt, er umfasst nicht nur alle Gesundheitsberufe, sondern deckt auch die Bereiche Public Health auf der Managementebene und die Soziale Arbeit als ergänzende Kraft ab.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit funktioniert innerhalb des Studienbereichs schon sehr gut, es wird gemeinsam geforscht und ausgebildet. Ist dieses Teamwork der Gesundheitsberufe schon draußen in der Praxis angekommen?
Die Gesundheitsberufe befinden sich im Wandel, gerade in der Pflege ist eine große Umstellung im Gange. Das zusätzliche Know-how, das Akademiker einbringen, wird von den Ärzten immer mehr geschätzt. Daran haben wir sicher einen Anteil, inzwischen gibt es in Kärnten keine Gesundheitseinrichtung mehr, wo nicht zumindest ein Absolvent oder eine Absolventin der FH Kärnten arbeitet.

Sind die Jobchancen also nach wie vor gut?
Viele unserer Studierenden bekommen schon eine Jobzusage, noch bevor sie ihre Abschlussprüfung abgelegt haben. Uns war es immer wichtig, bedarfsorientiert auszubilden, das trägt nun schon lange Früchte. Inzwischen sind die ersten Absolventen in Führungspositionen angelangt und stellen die nächste Generation an FH-Studierenden ein. Außerdem kommen sie als Experten an die FH zurück und bereichern die Lehre.

Klagen, dass Gesundheits- und Pflegeberufe zu wenig attraktiv wären, hört man immer wieder. Schlechte Bezahlung, belastende Arbeitszeiten – warum tut man sich das an?
Es stimmt schon, dass dieser Bereich nicht die höchsten Gehälter zahlt. Aber für viele ist die Möglichkeit, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen, doch wichtiger. Außerdem erlaubt die Akademisierung der Berufsfelder nun eine vielseitigere Karriereplanung. Man kann Master- und Doktoratsstudien anhängen, selbstständig werden, in Lehre und Forschung gehen. Und auch die Jobsicherheit in der Praxis ist für viele ein wichtiger Beweggrund.

Stichwort Jobsicherheit: Die digitale Transformation macht auch vor dem Gesundheitsbereich nicht halt, Pflegeroboter sind in Asien etwa bereits Realität. Muss man dieser Entwicklung sorgenvoll entgegenblicken?
Die Technik wird sicher einiges von dem übernehmen, was heute noch pflegerischer Alltag ist. Wir fürchten uns aber nicht vor den Robotern, sondern fangen schon jetzt an, sie zu nutzen. Die Hebammen können etwa mit einer lebensechten Puppe komplizierte Geburtsvorgänge simulieren, die einmal bei 1000 Geburten vorkommen. Das ist unschätzbares Training für die Praxis.

Wenn Sie auf die vergangenen Jahre im Studienbereich Gesundheit und Soziales an der FH Kärnten zurückblicken, welche Erfolge lassen sich dann verbuchen?
Wir haben es geschafft, vom kleinsten Studienbereich zum größten und vielfältigsten aufzusteigen. Wir sind auf vielen Ebenen stetig gewachsen, ob es die wissenschaftlichen Publikationen sind, die Forschungspreise oder die Zahlen an inskribierten Studierenden.

Wie geht es mit dem Studienbereich weiter?
Unser Ziel ist eine Forschungsstrategie und eine Digitalisierungsstrategie. Wir sind gerade dabei, ein Mentoringkonzept für wissenschaftliche Mitarbeiter zu etablieren. Ein weiteres Ziel ist es, die Praxisanleitung voranzutreiben, wo es darum geht, die Institutionen beim Praktikum zu unterstützen.