Rund 10 bis 11 Prozent aller Asylanträge in Österreich kommen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Für sie sind die Kinder- und Jugendhilfe und das Flüchtlingsreferat verantwortlich; die Begleitung und Betreuung übernehmen in Kärnten verschiedene Träger sowie Ehrenamtliche. Die Fachtagung „Entwicklung fördern – jetzt“ am 23. Juni 2017 an der Alpen-Adria-Universität möchte den Austausch zwischen allen, die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zur Seite stehen, fördern und unterrichten, Inputs für die alltägliche Arbeit bieten und fachliche Standards weiterentwickeln.

„Ein Kind ist ein Kind“, so Ulrike Loch (Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung), die gemeinsam mit ihrem Kollegen Georg Gombos für die Gestaltung der sozialpädagogischen Fachtagung mitverantwortlich ist. In Österreich werden nicht alle Kinder und Jugendliche in Not gleichermaßen versorgt, wie sie weiter erklärt: „Für Einrichtungen, die unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreuen, gelten nicht dieselben Standards wie für jene, die sich um österreichische Kinder und Jugendliche kümmern. So sind beispielsweise die Tagessätze wesentlich geringer.“ Dies habe deutliche Effekte für die Betreuung und die Fachkräfte: Die Wohngruppen für unbegleitete minderjährigen Flüchtlinge sind zumeist größer, zugleich leben in diesen Gruppen Kinder und Jugendlichen zusammen, die alle hoch belastet sind. Dies führt zu einer größeren Dichte an schwierigen Lebenslagen in den Wohngruppen als dies in anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gegeben ist. Viele der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sind traumatisiert. „Die Fachkräfte arbeiten schon sehr lange sehr engagiert mit den unbegleiteten Flüchtlingen unter großen Belastungen, auf Dauer können daraus Krisen und Konflikte entstehen“, so Georg Gombos.

Das jüngste Kind, das unbegleitet nach Österreich geflüchtet kam, war fünf Jahre alt. Viele Kinder und Jugendliche verlassen ihre Heimat nicht unbegleitet, sondern verlieren ihre Eltern auf dem Weg nach Europa oder müssen sie an Grenzen zurücklassen. Kommen sie nun hierzulande an, stehen sie oft vor großen Schwierigkeiten. „Um Lösungen zu finden, müssen möglichst alle Player zusammenarbeiten“, so Gombos. An einem Beispiel lässt sich zeigen, dass so relativ schnell und im Sinne der Betroffenen gute Lösungen gefunden werden können: So konnte in Zusammenarbeit von Schule, Schulverwaltung, Kinder- und Jugendhilfe, PatInnen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie Kinder- und Jugendanwaltschaft erreicht werden, dass in Kärnten die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen bis 21 Jahren fortgesetzt werden kann, wenn diese eine weiterführende Schule besuchen. „Niemand, der eine weiterführende Schule besucht, fällt mehr aus dem System heraus, nur weil der 18. Geburtstag ansteht“, so Ulrike Loch.

Ziel der Tagung ist es, diejenigen miteinander zu vernetzen, die mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen arbeiten und sie betreuen. „Wir wollen Brücken schlagen, durch Vernetzung ein Mehr an Wissen generieren und inhaltliche Inputs liefern, um schließlich fachliche Standards weiterzuentwickeln“, so Ulrike Loch. Am Programm stehen Fachvorträge (wie beispielsweise „Zur aktuellen Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Österreich“ von Katharina Glawischnig) und Workshops. An der Veranstaltung wird auch Landeshauptmann Peter Kaiser teilnehmen, um zu den diskutierten Problemfeldern Stellung zu nehmen. Derzeit sind über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet, Restplätze stehen noch zur Verfügung. Zur Anmeldung bitte um Kontaktaufnahme mit renate.bojanov@aau.at.

Die Fachtagung wird in Kooperation von Alpen-Adria-Universität (Fakultät für Kulturwissenschaften, Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung), Land Kärnten, Kinder- und Jugendanwaltschaft Kärnten, Fachhochschule Kärnten sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums Klagenfurt am Wörthersee veranstaltet.