1. Muss es für eine Kündigung einen "Grund" geben?

ANTWORT: Grundsätzlich muss der Dienstgeber keinen Grund für eine Kündigung nennen, er muss nur die vorgeschriebenen Fristen und Termine einhalten“, erklärt die Arbeitsrechtexpertin der Arbeiterkammer Steiermark, Verena Stiboller. Damit sind wir auch beim wesentlichen Unterschied zwischen einer Kündigung und einer Entlassung: Zweitere erfolgt fristlos, und man braucht dafür triftige Gründe, die gesetzlich geregelt sind.

2. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man eine Kündigung bei Gericht anfechten. Wann genau?

ANTWORT: „Wer in einem Betrieb mit mindestens fünf Mitarbeitern arbeitet und das schon seit mindestens sechs Monaten oder länger, kann eine Kündigung wegen Sozialwidrigkeit bei Gericht anfechten, vorausgesetzt der Betriebsrat hat der Kündigung nicht zugestimmt“, erklärt die Juristin. Ziel der Anfechtung ist die Weiterbeschäftigung im Betrieb. Für die Anfechtung einer Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht steht dem Arbeitnehmer nur eine Frist von 14 Tagen ab Zugang der Kündigung zur Verfügung.

3. Was deutet auf Sozialwidrigkeit hin?

ANTWORT: Stiboller erklärt: „Für die Sozialwidrigkeit spricht, dass Sie in absehbarer Zeit keine Arbeit finden, mit der Sie ein vergleichbares Einkommen erzielen werden. Vom Gericht ist Ihre gesamte finanzielle Situation - Kredite, Unterhaltspflichten - zu prüfen. Daraufhin hat das Gericht zu beurteilen, ob durch die Kündigung wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden. Aber freuen Sie sich nicht zu früh: Auch bei einer festgestellten wesentlichen Interessenbeeinträchtigung haben Sie das Verfahren zur Aufhebung Ihrer Kündigung noch nicht gewonnen. „Denn der Dienstgeber kann die Kündigung mit wirtschaftlichen Gründen oder mit Gründen, die in Ihrer Person liegen, rechtfertigen. Gerade in Coronazeiten werden viele Kündigungen mit wirtschaftlichen Gründen begründet“, sagt Stiboller.

4. Neben der Sozialwidrigkeit gibt es auch noch verpönte Motive bei einer Kündigung. Wann liegen diese vor? 

ANTWORT: „Zum Beispiel, wenn jemand Schritte setzt, um einen Betriebsrat zu gründen oder Ansprüche geltend macht, die ihm zustehen – etwa eine Pflegefreistellung“, antwortet Stiboller und fügt hinzu: „Auch hier kann der Dienstnehmer die Kündigung innerhalb von 14 Tagen ab Zugang gerichtlich anfechten.“ Ein spezieller Anfechtungstatbestand betrifft im Rahmen der Pandemie sogenannte Risikopatienten, wie die Juristin betont. „Diese Kündigungen könnten auch sittenwidrig sein, dazu wurde aber bisher noch kein Verfahren entschieden“, gibt sie zu bedenken. Der Vollständigkeit halber sei gesagt: Selbstverständlich ist auch Diskriminierung (etwa aufgrund des Geschlechts, einer körperlichen Beeinträchtigung oder des Alters) ein Anfechtungstatbestand bei Kündigungen.

5. Die Anfechtung einer Kündigung verlängert aber nicht das Dienstverhältnis?

ANTWORT: Grundsätzlich gilt: Eine rechtzeitige Anfechtung einer Kündigung ändert nichts an der Tatsache, dass das Dienstverhältnis nach Ende der Kündigungsfrist beendet ist. Stiboller: „Man muss sich trotzdem um einen neuen Job umschauen und bezieht Arbeitslosengeld, obwohl das Verfahren läuft. Findet man einen neuen Job und verdient dort wesentlich weniger, könne die Kündigung trotzdem sozialwidrig sein.

6. Und wenn die Anfechtung nun wirklich erfolgreich ist: Kann man bei der Firma, die einen schon einmal gekündigt hat, wirklich weiterarbeiten?

ANTWORT: „Gerichtet ist das Klagebegehren auf die Weiterbeschäftigung im Betrieb. Häufig enden diese Verfahren in einem Vergleich. Es gibt auch Firmen, die eine Kündigung zurückziehen oder mit einer Altersteilzeit oder Bildungskarenz statt der Kündigung einverstanden sind.“

7. Muss man es hinnehmen, wenn man gekündigt wird, nur weil man dem Chef nicht zu Gesicht steht?

ANTWORT: Stiboller verweist nochmals auf den bereits zu Anfang zitierten Grundsatz: „Der Dienstgeber muss eine Kündigung nicht begründen. Viele tun das auch gar nicht. Und nur weil die Chemie zwischen zwei Menschen nicht stimmt und das auch so ausgesprochen wird, liegt nicht automatisch eine ungerechtfertigte Kündigung wegen Sittenwidrigkeit oder ein verpöntes Motiv vor.“ Anders verhält es sich freilich, sobald Mobbing im Spiel ist und ein Mitarbeiter an seinen Vorgesetzten appelliert, das abzustellen. „Wenn er aufgrund der Aufforderung gekündigt wird, könnte dies ein verpöntes Motiv darstellen.“

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