Mittlerweile lernen Österreichs Schüler und Studenten schon mehr als drei Wochen von zu Hause aus. Wer befindet sich hier im Vorteil?

Christiane Spiel: Sicherlich ist es für diejenigen einfacher, die bisher schon recht gut selbstorganisiert arbeiten konnten, die Unterstützung zu Hause haben, einen eigenen Arbeitsplatz und auch technisch gut ausgestattet sind.

Wie kann man jenen helfen, die nun in dieser Situation benachteiligt sind?

Für wen ist es nun besonders schwer - für die stillen oder  forschen Charaktere?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für die eine oder die andere Gruppe systematisch leichter oder schwieriger ist. Sie reagieren nur anders. Die einen eher mit Rückzug, die anderen mit Ausagieren. Inwiefern sollen Eltern bei Schülern nachhelfen und wie viel Freiraum sollte man geben?

Bildungspsychologin Christiane Spiel

Da gibt es kein Generalrezept. Es kommt ganz auf den einzelnen Schüler an und auch wie gut die Eltern überhaupt unterstützen können. Das hängt ja auch stark von ihrem eigenen Bildungshintergrund ab. In jedem Fall sollte versucht werden, das selbst organisierte Lernen der Kinder zu fördern. Das heißt nicht gleich inhaltlich bei Aufgabenstellungen zu helfen, sondern mit Ratschlägen, wie man an die Aufgabe herangehen könnte. Ebenso sollte man unterstützen, dass die Kinder sich selbst eine Tagesstruktur geben inklusive der Gestaltung der Lernpausen.
Viele sehen dieses Jahr als "verlorenes Jahr" für Schüler oder Studenten an. Was sagen Sie dazu?

Man könnte es auch positiv sehen. Es ist ein Jahr, in dem man besonders viel – weit über das übliche schulische Lernen hinaus – erfahren, lernen und profitieren kann. Wie gehe ich, wie geht meine Familie mit so einer Situation um? Kinder lernen auch viel über die Eltern und deren Arbeit  viele arbeiten ja nun im Homeoffice. Und natürlich ist es auch ein Schub im digitalen Lernen. Wichtig ist es in jedem Fall, auch nach dem Positiven zu suchen und das zu verstärken, und die Situation nicht nur negativ zu sehen. Wie können junge Menschen von so einer Phase profitieren? Gibt es Fähigkeiten, die man nur in so einer Krisenzeit erwerben kann?

Wenn es gut läuft, stärkt so eine Phase die Selbstorganisation, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und natürlich die Skills für digitales Lernen. Falls die Umstände dies nicht so erlauben, braucht es eben Unterstützung – zum Beispiel e-buddies – damit die ohnehin schon bestehende Bildungsschere nicht weiter aufgeht. Sie führen gerade eine Studie zu Lernen unter Covid 19 durch: Welche neuen Lernwege könnten sich hier auftun?

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Wir wollen herausfinden, was derzeit beim Lernen gut funktioniert, und was weniger, welche Unterstützung gebraucht wird, und auch wie sich das Lernen über die Zeit des Home Learning verändert. Wir laden alle Schüler und Studierenden herzlich ein, daran teilzunehmen. Wir wollen damit Erkenntnisse sammeln, die jetzt, aber auch für die „Zeit nach Corona“ wichtig sind.