Wenn Petra Erian von der hohen Auslastung ihres "Betriebes" spricht, könnte man fast meinen, sie spreche von einem Hotel – wäre da nicht ihr ernster Ton. Denn in ihrer Branche bedeutet ein großer Ansturm nie etwas Gutes. Erian ist die Leiterin des Klagenfurter Frauenhauses.

"Ist unsere Auslastung hoch, ist alles im Argen", erklärt Erian, die seit der Coronapandemie bei der Auslastung eine 20-prozentige Steigerung beobachtet, die nach wie vor anhält. Wobei es Erian vorzieht, keine genauen Zahlen zu nennen, denn "jede Frau hat ihr Schicksal und hinter jeder Zahl steht eine individuelle Geschichte". Und genau deshalb wird die Art der Hilfe, die die Frauen bekommen, genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Doch wie sieht das aus?

"Unser Haus ist 24 Stunden am Tag erreichbar, sowohl telefonisch als auch persönlich", heißt es seitens der Leitung des Frauenhauses. "Wenn die Frau und eventuell auch ihre Kinder bei uns sind, machen wir ein Aufnahmegespräch und sie werden erstversorgt." Ist der Einzug im Frauenhaus vorbereitet, hat die Betroffene meist schon persönliche Gegenstände mit im Gepäck. Doch auch für den spontanen Einzug sind Leiterin Erian und ihr Team vorbereitet: "Hygieneartikel, Kleidung, Kindernahrung, Windeln – wir haben alles, was man in den ersten Tagen braucht." Wichtig sei, dass sich die Frauen wohlfühlen. Erst vor Kurzem wurden deshalb neue Fotos der Räumlichkeiten – insgesamt sind es zwölf Wohneinheiten, in der auch Kinder der Betroffenen Platz finden – angefertigt. Das soll Betroffenen die Schwellenangst nehmen.

Frauenhaus Klagenfurt: Der Einzug

In der ersten Phase nach dem Einzug gehe darum, dass die Betroffene zur Ruhe kommt: "Die Frau wird versorgt, kann durchschlafen, braucht keine Angst zu haben." Ebenso wird sie mit Essen versorgt, wobei auch hier auf spezielle Bedürfnisse achtgegeben wird: "Gibt es besondere Wünsche, kann sie auch eine Liste mit Lebensmitteln erstellen, die von der Hausorganisation eingekauft werden."

Bei den psychosozialen Gesprächen, die angeboten werden, kommen oft belastende und traumatische Erlebnisse zum Vorschein. "In weiterer Folge wird geschaut, was die Frau braucht. Hat sie einen Job? Ist sie versichert? Gibt es eine Wohnung, auf die sie zurückgreifen kann?" Der durchschnittliche Aufenthalt im Frauenhaus beträgt zwei bis drei Monate, doch man könne auch bis zu einem Jahr bleiben: "Die Frauen und auch ihre Kinder können so lange bleiben, wie sie für einen Neuanfang benötigen." Und genau als das solle man das Frauenhaus sehen: als Neuanfang.

Ein Neuanfang benötigt auch viel Mut. Trotz des niederschwelligen Zugangs bestehen gewisse Hürden, wenn es darum geht, sich Hilfe zu suchen. "Sobald ich eine Beratungsstelle aufsuche oder mich an das Frauenhaus wende, wird die Situation reell. Da kann man sie nicht mehr schönreden", sagt Erian, die jede Frau ermutigt, sich dieser Situation zu stellen und gleichzeitig auch den Hut vor ihr zieht. Denn Leiterin Erian weiß: "Die Krise ist nicht vorbei." Nach Corona ist es nun die Inflation, die auch in Beziehungen oft eine Belastungsprobe darstellt.

Physische und psychische Gewalt

Wichtig ist, dass man die verschiedenen Formen von Gewalt erkennt. Denn nicht immer ist es körperliche Gewalt, unter der Betroffene leiden. Gewalt kann auch psychisch sein. Darunter fallen etwa Sätze wie: "Wie siehst du denn heute aus? Wieso hast du das an? Wieso kannst du dich nicht gescheit herrichten? So gehst du mir nicht außer Haus." Unter psychische Gewalt fallen das Entwerten oder Entwürdigen der Frau sowie soziale Isolation, Kontrolle, Bloßstellungen, Drohungen und mehr.

All das sind Versuche, die Frau kleinzuhalten und ihrem Selbstvertrauen zu schaden, so Erian. Oder der Mann kontrolliert die finanzielle Situation der Frau. Und überhaupt beginnt Gewalt meistens subtil und schleicht sich oft langsam in die Beziehung ein.

Den "einmaligen Ausrutscher" gibt es bei häuslicher Gewalt nicht. Erian: "Sobald etwas einmal passiert, ist eine Grenze überschritten und es wird nicht besser." Dann müsse man Hilfe holen, wie auch immer sie aussieht: "Vielleicht holt sich der Mann Hilfe? Vielleicht auch das Paar gemeinsam?" Oder man wendet sich an das Frauenhaus, das intensiv mit dem Gewaltschutzzentrum Kärnten zusammenarbeitet. Dort wird Betroffenen auch juristische Beratung angeboten.