Die Frauenplattform Klagenfurt gibt es seit 30 Jahren. Für all jene, die sie noch nicht kennen: Was machen Sie?
ANJA SCHNEIDER: Wir vernetzen vierzig Klagenfurter Frauenorganisationen, vom Gewaltschutzzentrum bis zum „Frauen Business Center“. Gemeinsam überlegen wir, was Frauen in Klagenfurt brauchen beziehungsweise was fehlt. Wir schaffen Bewusstsein für Gleichberechtigung und veranstalten Aktionen wie den „Walk of Shame“.

Was darf man sich davon erwarten?
Der „Walk of Shame“ (Pfad der Schande) ist eine Aktion zum Weltfrauentag, startet aber schon am 7. März. Wir kleben vierzig Sterne auf den Boden vom Neuen Platz. Jeder Stern zeigt eine konkrete Situation, in der Frauen massiv benachteiligt sind.  Man soll sehen, wofür wir uns schämen müssen: Zum Beispiel dafür, dass in den Kärntner Gemeinden nur sechs Prozent aller Bürgermeister weiblich sind. Oder dass das Kochen zu 73,5 Prozent von Frauen erledigt wird. Einige der Sterne sind leer - da können Besucherinnen eigene Veränderungswünsche aufschreiben. Wir hoffen, dass sich der „Walk of Shame“ zukünftig in den „Walk of Fame“ verwandelt.

Zwischen heute und Donnerstag liegt noch der Faschingsdienstag – ein Tag, an dem Frauen, mehr noch als sonst, Belästigungen ausgesetzt sind. Wie wehrt man sich angemessen?
Mit selbstbewusstem Auftreten und indem ich Grenzen aufzeige. Und zwar nicht auf die nette Weise - sondern klar und deutlich.

Sind aufreizende Faschingskostüme ein Problem?
Ich will keiner Frau vorschreiben, wie sie sich anziehen soll. Ein Kostüm legitimiert kein „Grapschen“. Es ist nicht der Rock, der die Belästigung veranlasst, sondern der Täter.

Gibt es genug Ressourcen für die Frauenarbeit in Klagenfurt?
Ich wünsche mir mehr Geld, insbesondere für die „Starthilfe“ - also für Frauen, die neu anfangen müssen, weil sie aus dem Frauenhaus kommen oder von ihrem Partner wirtschaftlich abhängig waren. Die juristische Beratung ist ausbaufähig und auch im Bildungsbereich könnte man viel, viel mehr machen.

Was sollte sich für Frauen in Österreich verbessern?
Frauen, die Kinder bekommen oder in Teilzeit arbeiten, müssen in der Pension mit starken Abschlägen rechnen. Sie werden bestraft, obwohl sie Wichtiges geleistet haben. Leider ist auch das Thema „Gewalt“ nach wie vor aktuell.

Stichwort Gewalt: Die Anzahl an Frauenmorden ist in Österreich so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Welche Rolle spielt dabei die Staatsbürgerschaft? Und wie ist die Situation in Klagenfurt?
Wenn Menschen aus anderen Kulturen in ein Land kommen, in dem Gewalt in keiner Weise existiert, würden sie nicht gewalttätig werden. Österreich ist keine Insel der Seligen. Jede vierte Frau hierzulande hat Erfahrungen mit Gewalt - und jeder vierte Mann ist der Meinung, dass häusliche Gewalt nicht bestraft werden muss. ,Was daheim passiert, geht niemanden etwas an: Solche Aussagen hört man am Stammtisch. Im Frauenhaus, wo ich im Vorstand sitze, beobachte ich zwar mehr Migrantinnen – aber die Männer, vor denen sie flüchten, sind oft Österreicher, die sich bewusst schwächere Frauen suchen.

Das Frauenhaus wurde als Einrichtung immer wieder angezweifelt - etwa mit dem Argument, dass es „Familien zerstöre“.
Gewalt zerstört Familien, nicht das Frauenhaus. Durch solche Aussagen werden Frauen zum Täter gemacht.

Was tun, wenn Frauen im eigenen Bekanntenkreis von Gewalt betroffen sind?
Ich rate dazu, einen Verdacht anzusprechen, und zum Gewaltschutzzentrum weiter zu verweisen. Dort bekommt man rasch Auskunft, was die juristische Abwicklung (Betretungsverbot) betrifft.

Sie sind selbst Mutter zweier Töchter (16 und 13 Jahre). Welches Frauenbild vermitteln Sie ihnen?
Dass sie alles schaffen können. Sie sollen sich in ihrem Körper wohlfühlen und sich nicht von Rollenbildern einschränken lassen.

Wie haben Sie in Ihrer eigenen Familie die Erwerbsarbeit aufgeteilt?
Ich habe meine Töchter während des Studiums bekommen. Es gab keine Unipartys, aber dafür habe ich keine Arbeitsjahre verloren (schmunzelt). Wir hatten aber großes Glück, was die Unterstützung durch Eltern und Freunde betrifft.

Sie arbeiten in der Katholischen Frauenbewegung. Sind religiöse Wertvorstellungen mit feministischen Positionen vereinbar?
Liebe und Hilfsbereitschaft sind zentrale Werte unseres Glaubens. Das passt zum Feminismus. Natürlich gibt es innerhalb der Kirche Hierarchien, aber die Frauenbewegung setzt sich in der Kirche und in der Gesellschaft dafür ein, dass Frauen einen höheren Stellenwert haben.

Wann wird es die erste Pfarrerin geben?
Am besten morgen (lacht).

Ihr persönliches Vorbild?
Astrid Lindgren, sie kreierte Figuren wie Pipi Langstrumpf, die selbstbestimmt sind und einen großen Gemeinschaftsgeist haben, Pipi macht sich die Welt wie sie ihr gefällt und ist dabei warmherzig und großzügig.