Was machen kleine Kinder, wenn Besuch kommt? Sie rennen neugierig zur Türe, verstecken sich schüchtern hinter Mama und Papa oder beobachten mit großen Augen, was die Erwachsenen tun.

Sara* kann nichts von all dem. Das Mädchen liegt im Wachkoma. Als Baby hatte Sara eine sehr seltene, schwere Infektionskrankheit.

Seitdem hat sie irreparable Hirnschäden. Das heißt: Das Mädchen im Kleinkindalter kann sich nicht bewegen und nicht reden, Sara wird künstlich ernährt und ein Shunt leitet Wasser aus ihrem Hirn. Nur Saras Atmung funktioniert selbstständig.

"Das war die Hölle für uns"

Dabei hatte alles so harmlos begonnen. „Sara bekam als Baby Fieber und Durchfall. Drei Mal waren wir im Krankenhaus und wurden jedes Mal nach Hause geschickt“, schildern die Eltern. Der vierte Krankenhaus-Besuch endete auf der Intensivstation. „Die Ärzte sagten, Sara werde sterben und wir sollen uns überlegen, wie wir ihre Verabschiedung gestalten wollen. Das war die Hölle für uns“, sagen die Eltern. Jetzt sitzen beide im Wohnzimmer, Sara liegt neben ihnen auf einem speziellen Hochsitz, umgeben von Schläuchen und medizinischen Geräten.

„Sara war ein kerngesundes und aufgewecktes Baby“, erinnert sich ihre Mutter. Wie zum Beweis wischt sie über ihr Handy und zeigt Fotos von früher: Sara beim Lachen. Sara beim Fläschchentrinken. Sara, ein richtiger Wonneproppen.

Hoher Stresspegel

Die Familie hat vier Kinder, Sara ist das jüngste. Ihre Geschwister spielen lachend auf der Couch, während Sara vor sich hin schlummert. Einer der wenigen ruhigen Momente. „Der Stresspegel in der Familie ist hoch“, sagt die mobile Kinderkrankenpflegerin. Vor allem für die Mutter: Während ihr Mann tagsüber auf Baustellen arbeitet, kümmert sich die Frau alleine um Sara und die anderen Kinder. Sie trägt Sara ins Auto, wenn die Geschwister zur Schule gefahren werden, sie nimmt Sara zum Einkaufen mit, sie wendet die richtigen Griffe an, sobald Sara Krämpfe bekommt. Um künftig noch mobiler zu sein, würde die Mutter einen speziellen Rollstuhl für Sara brauchen und einen kostspieligen Buggy. Auch umziehen muss die Familie – in eine andere, behindertengerechte Wohnung. Ein finanzieller Kraftakt für die Betroffenen. Denn schon jetzt fehlt das Geld an allen Ecken und Enden.

„Es ist oft ein langer Weg, bis sich Familien – nach so einem Schicksalsschlag – im Alltag zurechtfinden“, weiß Saras Kinderkrankenpflegerin. Sie kommt mehrmals wöchentlich in die Wohnung der Familie.

Pflege rund um die Uhr

Sara braucht rund um die Uhr Pflege. Die Pflegerin ist nicht nur für Sara eine wichtige Stütze, sondern auch für die Mutter. Sie sagt der Frau, wofür welches Medikament ist, wie die medizinischen Apparate funktionieren oder welche Massagen Sara guttun. Sara liebt es, herumgetragen zu werden. „Sie fordert viel Nähe ein. Aber die anderen Kinder brauchen uns natürlich auch“, geben die Eltern Einblick in ihre Zerrissenheit. Die Nächte sind eine besondere Herausforderung. Weil Sara im Wachkoma ist, hat sie keinen richtigen Schlafrhythmus. Tagsüber schlummert das Mädchen viel. „Aber in der Nacht schläft sie meist nur bis 3 Uhr“, schildern die Eltern. Wie schafft man das? Mit Liebe – sagt der Blick der Mutter „Wir haben uns daran gewöhnt,“ antwortet die Frau.

Sie freut sich über jede Reaktion, die ihre Tochter trotz Wachkoma-Zustand zeigt. „Wenn mein Mann von der Arbeit aus anruft, stelle ich das Telefon auf Lautsprecher. Sobald Sara die Stimme ihres Vaters hört, blitzt etwas in ihren Augen auf. Das finde ich schön“, meint die Mutter. „Oft gibt Sara auch bestimmte Laute von sich. Das ist ihre Art der Kommunikation“, meint die Frau.

Kein Jammern, kein Klagen

In dem gesamten Gespräch ist von den Eltern kein Jammern und kein Klagen zu hören. Der Blick der Familie ist nach vorne gerichtet. „Sie sind in der Phase des Annehmens. Sie lernen, Sara so zu akzeptieren, wie sie ist“, meint die Kinderpflegerin, Leicht ist das nicht. Saras Schwester meint manchmal mit kindlicher Sturheit: „Mama, sag dem lieben Gott, dass Sara wieder aufstehen soll.“

* Name von der Redaktion geändert

Kennzahl 4

Wir berichten über die fünf besonders hart vom Schicksal betroffenen Familien, für die wir in der Weihnachtsspendenaktion um Ihre Unterstützung bitten. Wollen Sie einem der Fälle helfen, ersuchen wir Sie, bei der Einzahlung die jeweilige Kennzahl anzuführen. Mit Spenden ohne Kennzahl helfen Sie Hunderten anderen Bedürftigen.