Wie erkennt man, ob ein Kind ein Burn-out hat?
MICHAEL SCHULTE-MARKWORT: Es beginnt meist mit einem Leistungsknick, die Konzentration lässt nach. Es folgen Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit. Die Kinder artikulieren das auch. Sie sagen: „Ich bin müde.“ Oder: „Ich bin erschöpft.“ Obwohl sie eigentlich ausgeschlafen sein müssten. Das Ganze steigert sich nicht selten zum Vollbild einer Depression.

Wie viele solcher Kinder landen in Ihrer Ordination?
SCHULTE-MARKWORT: Immer mehr. Und immer jüngere. Früher waren nur Jugendliche betroffen. Heute kommen schon 9-Jährige und sind erschöpft. Ich beobachte immer öfter, dass der Übertritt ins Gymnasium für viele eine schwere Belastung ist.

Eltern wollen immer das Beste für ihr Kind . . .
SCHULTE-MARKWORT: Ja, Eltern wollen Gutes, sie handeln aus fürsorglichen Impulsen. Ich möchte sie auch nicht unter den Generalverdacht der Helikopter-Eltern stellen. Aber das Abitur bzw. die Matura ist nicht das einzige Mittel für ein gutes Leben. Und viele Kinder unterwerfen sich freiwillig dem Diktat der Leistungsgesellschaft: Die Noten müssen stimmen, sie müssen perfekt gestylt sein. Nach Schulschluss warten Trainer und Klavierlehrerin. In Summe ist dieser Druck unerträglich.

Was tun?
SCHULTE-MARKWORT: Es hat keinen Sinn, aus einem vollen Kalender einfach Dinge bzw. Termine wegzustreichen. Denn es gibt ja nicht nur negativen Stress, also Disstress. Sondern auch Eustress –also Tätigkeiten, die zwar Zeit kosten, aber Spaß bringen und eine Quelle der Kraft sind. Besser ist es, die Kalender aller Familienmitglieder übereinander zu legen und auf gemeinsame Zeit zu überprüfen.