Pünktlich um 9 Uhr traf die Delegation aus Ljubljana in Klagenfurt ein, wo sie von einer Abordnung aus Gemeinderäten und Magistratsbeamten empfangen wurde. Die Gastgeber hatten am Vorabend extra noch die Kehrmaschinen durch ihre Stadt gejagt und alle Obdachlosen eingesammelt, um einen möglichst einwandfreien Eindruck zu geben. Etwas erschrocken war man schon, dass die Gäste sich den ganzen Tag in Klagenfurt aufhalten wollten, denn normalerweise dauerten solche Besuche zwei, drei Stunden, dann Happihappi und dann Tschüss. Was um Himmels Willen sollte man denen einen ganzen Tag lang zeigen? Die Schiffe fuhren ja um diese Jahreszeit nicht mehr. Zeitschinden war also unmöglich. Und was reden? Vorsorglich hatte man sich eine Slowenisch-Dolmetscherin geholt. Umso größer die Überraschung, dass die Besucher nicht nur besser Englisch als man selbst, sondern teilweise sogar besser Deutsch sprachen.

„Sie haben sehr viele Ampeln hier und sehr viel Stau“, bemerkte ein Slowene. „Richtig“, sagte ein Stadtpolitiker stolz, „man soll ruhig merken, dass man es mit einer Großstadt zu tun hat. Da gibt es eben viel Verkehr. Außerdem kennen sich unsere Leute mit Rechtsregel und Kreisverkehr und solchen Sachen nicht aus.“ „Und der öffentliche Verkehr?“ fragte ein Gast. „Bitte keine unanständigen Fragen!“, sagte der lustigste Gemeinderat. „Nein, im Ernst: Keine Ahnung. Wir sind das letzte Mal als Schüler mit dem Bus gefahren.“ Wie es mit dem Parken hier sei? „Wir haben jahrelang an der einfachsten und intelligentesten Regelung der Welt gearbeitet“, berichtete ein Gemeinderat: „Die ganze Stadt ist eine Zone. Halbe Stunde, 50 Cent, fertig.“ Die Slowenen waren verwundert: „Aber führt das nicht dazu, dass alle direkt im Zentrum parken wollen?“ „Natürlich“, entgegnete der Gemeinderat, „aber das sollen sie ja auch. Wir wollen doch das Zentrum beleben!“

Diese Fragerei grenzte langsam an Unverschämtheit: „Was sind denn die Kriterien Ihrer Stadtplanung?“ - „Wissen Sie, das ist bei uns nicht so wie in der Planwirtschaft. Bei uns machen das private Investoren.“ - „Aber tun die dann nicht, was sie wollen?“ Die Stadtpolitiker schüttelten ihre Köpfe über diese Naivität. Die Magistratsbeamten schmunzelten. Ein Slowene wollte wissen, warum es in der Fußgängerzone kaum Bänke gab. „Wir wollen nicht, dass sich hier die Obdachlosen hinsetzen.“ - „Und alle anderen?“ - „Die können sich auch in einen Gastgarten setzen.“ Dann diese Frage nach „Alternativkultur“... das klang irgendwie provokant. „Bei uns ist jede Kultur alternativ“, antwortete der Schlaueste unter den Gemeinderäten. Ein Slowene fragte nach, ob es ein Kulturzentrum gebe, ein Szene-Stadtviertel oder Ähnliches. Die Gastgeber überlegten lange. „Sie meinen das Stadttheater? Oder meinen Sie die Messehalle?“ Schließlich hatte jemand den Einfall, den Besuchern den Lendhafen zu zeigen. Die Gäste dachten an ihre belebte Ljubljanica und sahen einander fragend an: „Sehr schön, aber was ist das? Fahren hier keine Boote? Wieso gibt es denn hier keine Lokale?“ - „Na, Sie stellen sich das ein bisserl einfach vor“, sagte ein sehr wichtiger Magistratsbeamter.

Was ist die größte Innovation in Ihrer Stadt?“ Die Gemeinderäte ließen sich von der Dolmetscherin das Wort „Innovation“ übersetzen. Ratlosigkeit in den Gesichtern. Getuschel. Wortfetzen: „Handyparken“.....„City-Arkaden“....„Sternwarte“. Schließlich einigte man sich auf das 4D-Kino in Minimundus. Auf die Frage nach moderner Architektur mussten die Klagenfurter schon wieder nachdenken. Dann fiel es ihnen ein: „Das Rothauer-Hochhaus. Ist gerade wärmegedämmt worden.“ Und ein anderer: „Das Stadion. Weltklasse!“ - „Kann man das besichtigen?“ - „Puh ... ich weiß nicht, ob uns um die Zeit dort noch wer aufsperrt ... Sie stellen sich das ein bisserl einfach vor.“

„Wer hat hier in dieser Stadt eigentlich das Sagen?“ - „Na wir!“ riefen die Politiker empört. Die Magistratsbeamten schmunzelten. Kurz vor 15 Uhr 30 sahen sie demonstrativ auf die Uhr: „Die Führung ist beendet. Haben Sie noch Fragen?“ Die Gäste lächelten höflich. „Wir denken, wir haben alles gesehen“, sagten sie und freuten sich immens auf Ljubljana.