Es war ein gemütlicher, ruhiger Weihnachtsabend. Der Mittlere war mit seiner neuen Playstation beschäftigt, die bereits an Papas Geschenk, einen 60-Zoll-Smart-TV angeschlossen war. Er fuchtelte wild herum, weil er mit einem Ninja kämpfte. Zwar hatte er ganz offiziell die Diagnose ADHS, aber seinen Games konnte er sich erstaunlich aufmerksam und konzentriert widmen. Von wegen Defizit. Der Kleine hingegen war erschöpft mit dem iPad auf dem Sofa eingeschlummert, nachdem er gefühlte 40 Mal das Youtube-Video mit Rudi Rentier anschauen wollte. Ab und zu saugte er an seinem Schnuller, während Rudi leise weitersang. Schlafende Kleinkinder sind einfach am Süßesten. Die Große hatte sich zufrieden mit ihrem neuen iPhone in Rosé-Gold, das endlich 64 Gigabyte hatte, auf ihr Zimmer zurückgezogen. Mit dem alten machte sie noch ein letztes Selfie, auf dem sie strahlend das neue in der Hand hielt, für Instagram. Dann konnte sie den Schrott endlich entsorgen. Währenddessen hatten Mama und Papa etwas Zeit für sich. Papa bearbeitete am Laptop die Videos, die er heute gemacht hatte, mit Tannenbaum und Kerzenschein und allem, was halt das Herz so begehrt. Es gab da ein Bearbeitungsprogramm, das die Farben noch strahlender machte. Dann noch „Last Christmas“ dazugemischt, und schon konnte er das Resultat auf Facebook stellen, mit den besten Weihnachtswünschen für seine 1200 Freunde. Derweil arbeitete Mama an einer Diashow, die sie dann über WhatsApp an ihre Verwandten verschickte. Weihnachten war echt viel Aufwand, zweifelsohne. Aber es hatte sich gelohnt. Man brauchte nur in die geröteten, aber glücklichen Kinderaugen zu schauen.

Die Vorbereitungen waren natürlich auch nicht ohne. Papa hatte rechtzeitig dafür gesorgt, dass endlich ein stärkeres WLAN ins Haus kommt. Denn wie kommt man dazu, dass die elektrische Zahnbürste nicht funktioniert, wenn jemand Serien streamt. Das ist Steinzeit, da hatte die Große nicht Unrecht. Der Mensch braucht heutzutage einfach rundherum sein Netz, erst dann ist er glücklich. So wie ein Fisch. Papa schaute auf den Christbaum. Man musste schon sehr genau schauen, um zu sehen, dass es kein echter war. Hatte nur Vorteile. Dieses ganze Nadelzeugs auf dem Boden braucht ja keiner. Wenn die Kinder im Bett waren, wollte Mama immer „Pippi und das Weihnachtsfest“ schauen, weil das so romantisch ist. Papa fand das zwar etwas kindisch, aber bitte, er machte ihr die Freude. Immerhin war Weihnachten, und alles sollte perfekt sein.

Auf der anderen Seite der Welt, im kalifornischen Cupertino, war es gerade Mittag. Bei angenehmen 21 Grad verließ Tim Cook, der Apple-Chef, sein Büro. Er konnte mit dem letzten Quartal zufrieden sein. 19 Prozent mehr Gewinn, 12 Prozent mehr Umsatz. Allein 87 Milliarden Umsatz waren noch im Weihnachtsquartal zu erwarten. Gut, da waren diese Steuergeschichten in Europa. Die EU kritisierte, dass Apple nur 0,005 Prozent Steuern in Irland zahlte. Alles legal. Nun sollten 13 Milliarden Euro nachgezahlt werden. Tim Cook schmunzelte. Wer war Irland? Wer war die EU? Immerhin hatte sein Konzern 250 Milliarden Barvermögen. Kein Grund zur Panik also. Die Leute liebten seine Produkte und waren bereit, jeden Preis dafür zu zahlen. Beim iPhone X zum Beispiel 999 Dollar, bei Herstellungskosten von 356 Dollar. So geht Wirtschaft. Apple war niemandem auf der Welt Rechenschaft schuldig. Immerhin hatte Apple die Welt verändert, mehr als jede EU, jeder Staat, jeder Papst oder sonst wer. Dumme Handys hatten sie in smarte Phones verwandelt, die ihre Benutzer 24 Stunden am Tag glücklich machten. Was wäre heute ein Mensch ohne Smartphone? Ein Neandertaler. Auf alles Mögliche würde man verzichten, aber sicher nicht auf das Smartphone, das zum treuesten Gefährten des Menschen geworden war. Das muss einem erst einmal einer nachmachen. Tim Cook erinnerte sich an seine Rede bei der TechnologieMesse in China: „Wir müssen alle daran arbeiten, der Technologie Menschlichkeit einzuflößen, unsere Werte.“ Nun war er selber etwas gerührt. Lag wohl an Weihnachten.