Ein, vor allem wegen der Beteiligten, ungewöhnlicher Streit wird in der Oberkärntner Gemeinde Mühldorf ausgetragen. Vordergründig geht es um ein Bauvorhaben, die Errichtung einer Almhütte, am "Freizeitgelände Gondelwiese". Doch eigentliches Ziel ist die Umwidmung eines rund 2300 Quadratmeter großen Areals in knapp 1200 Meter Seehöhe.
Die eine Seite, vertreten von Rechtsanwalt Hannes Arneitz, stellt die Ordnungsmäßigkeit des Widmungsverfahren infrage. Ein Verfahren, das erst den Bau der Almütten möglich macht: "Meinen Klienten geht es darum, dass das gesetzeskonforme Zustandekommen der Verordnung zur Freizeitwohnsitzwidmung untersucht und überprüft wird, nötigenfalls durch den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof", sagt Arneitz. "Im anderen Fall ist der künftigen Verbauung dieser Almflächen und der Errichtung von luxuriösen Freizeitwohnsitzen auf diesen Almflächen Tür und Tor geöffnet."
"Persönlich enttäuscht"
Arneitz vertritt laut einem Bericht im Kärntner Monat Heimo Scheuch – Vorstandsvorsitzender von Wienerberger, weltweit größter Ziegelproduzent – sowie dessen Schwester. Beide haben im Umfeld des "Freizeitgeländes" rund 3,5 Hektar Grundbesitz. Heimo Scheuch ist ein Cousin der ehemaligen FPÖ-/BZÖ-Politiker Uwe und Kurt Scheuch. Deren parteipolitische Ambitionen teilt(e) er nicht: "Meine Partei ist die Wienerberger", sagte Heimo Scheuch einmal in einem Interview.
Damit sind wir bei der anderen, der freiheitlichen Seite in dem Streit: Bekanntester Vertreter ist Erwin Angerer, Bürgermeister von Mühldorf und Chef der FPÖ Kärnten. Angerer ist "vom Verhalten von Heimo Scheuch persönlich massiv enttäuscht". Dass ein "derart erfolgreicher Manager, der seit vielen Jahren nur zur Jagd nach Mühldorf kommt, so etwas nötig hat, verstehe ich nicht", sagt er.
Verhandlung am Berg
"So etwas", ist der Einspruch gegen den Bau einer Almhütte, die ein Manager eines großen deutschen Konzerns auf der "Gondelwiese" errichten will. Anfang August wurde vom Landesverwaltungsgericht vor Ort verhandelt. Eine Entscheidung wird in den nächsten Wochen erwartet. Sollte der Einspruch von Heimo Scheuch und seiner Verwandten abgelehnt werden, droht die nächste Runde in dem Rechtsstreit.

Seinen Ursprung hat der Streit im Frühjahr 2017: Damals hat Erwin Angerer einem nahen Verwandten zwei Grundstücke mittels Schenkung überlassen. Flächen im Ausmaß von insgesamt rund zwei Hektar. "Die Gründe sind seit Jahrzehnten im Besitz unserer Familie", sagt Angerer. "Mit dieser Schenkung habe ich meinem Sohn geholfen, sich eine eigene Existenz aufzubauen. So kann er den Bauernhof, den er übernommen hat, neu ausrichten und weiterführen."
Schiefe Optik?
Im Herbst desselben Jahres ist der Wert dieser Basis dann geradezu explodiert: Im Gemeinderat von Mühldorf wurde die Umwidmung von rund 6000 der insgesamt 20.000 Quadratmeter beschlossen. Von Grünland, Land- und Forstwirtschaft in Bauland Dorfgebiet, Sonderwidmung Freizeitwohnsitz. "Die beste Widmungskategorie, die man bekommen kann", sagt Anwalt Arneitz. Der Quadratmeterpreis stieg von fast wertlos auf bis zu 133 Euro. So viel hat etwa der Konzernmanager bezahlt.
Eine schiefe Optik – Bürgermeister und Vater schenkt an Sohn und kurze Zeit später wird wertsteigernd umgewidmet – sieht Erwin Angerer nicht. "Jeder kann eine Umwidmung beantragen, auch mein Sohn", sagt er. "Ich halte es für extrem bedenklich, wie hier ein freiheitlicher Politiker, aber vor allem mein Sohn, beschmutzt wird."
Grünes Licht aus Wien
Natürlich sei mit der Umwidmung der Wert der Grundstücke gesteigert worden. Aber sein Sohn investiere ja auch in die Erschließung der Fläche und er bezahle 30 Prozent Steuern, so Angerer. Er selbst habe bei allen Beschlüssen selbstverständlich nicht mitgestimmt, sondern vor jeder Abstimmung die Sitzungen verlassen, so Angerer: "Alle Beschlüsse waren einstimmig."
Im Dezember 2017 drohte dem "Freizeitgelände" dennoch das Aus. Die Umweltstelle des Landes legte gegen die von der Raumordnung mit Auflagen durchgewunkene Umwidmung ihr Veto ein. Begründung: Durch die nahe Druckrohrleitung des Verbund-Kraftwerkes Reißeck II drohen "unzumutbare Umweltbelastungen". Nachdem im April 2019 das Tourismusministerium keine gesundheitlichen Bedenken hatte, gab das Land Kärnten grünes Licht: 2230 von 6000 Quadratmeter wurden umgewidmet.
"Nicht ausreichend beachtet"
Während Erwin Angerer betont, "dass zahlreiche Behörden und Sachverständige diese Umwidmung für in Ordnung befunden haben", hakt Arneitz genau hier ein: "Die von der ins Tal führenden Druckrohrleitung des Kraftwerkes des Verbundes ausgehenden Vibrationen und Schallimmissionen stehen meiner Ansicht nach einer touristischen Widmung der Flächen ebenfalls entgegen. Diese Aspekte wurden im Rahmen der Beschlussfassung des Gemeinderates zur Umwidmung von Grünland in begehrte Sonderwidmung Freizeitwohnsitz nicht ausreichend beachtet."
Wer letztlich recht behält, wird also wohl ein Höchstgericht entscheiden müssen.