Ein Strauß Narzissen, zusammengehalten von einer schwarzen Schleife. Daneben brennen Kerzen. Ein junger Mann steht davor und macht ein Kreuzzeichen. "Ingo war mein Arbeitskollege", sagt er leise, während ein paar Meter weiter das nächste Auto stehen bleibt. Den beiden Frauen, die aussteigen, ist anzusehen, dass auch sie Lisa und Ingo gekannt haben. Es ist ein Ostersonntag des Schmerzes und der Trauer in Radenthein und darüber hinaus. So richtig kann und will noch niemand begreifen, was hier in den frühen Morgenstunden geschehen ist.

Lisa L. (34) und ihr Lebensgefährte Ingo B. (39) hatten in der Nacht zum Sonntag das Osterfeuer am sogenannten Sauzipf-Gelände bei Döbriach besucht. Gegen 5.40 Uhr waren sie zu Fuß auf dem Heimweg nach Radenthein und passierten rund zwei Kilometer vom Festgelände entfernt die Erdmannsiedlung. Wahrscheinlich war das Paar – nach einem Abschneider durch das Wohngebiet – gerade erst wieder zur Millstätter Straße gestoßen. Erst am Ende der Siedlung beginnt der parallel zur Fahrbahn verlaufende Geh- und Radweg.

Die Unfallstelle von der anderen Straßenseite aus gesehen. Den Leitpflock in der Bildmitte fuhr der Unfalllenker schon vom Rad- und Gehweg aus an
Die Unfallstelle von der anderen Straßenseite aus gesehen. Den Leitpflock in der Bildmitte fuhr der Unfalllenker schon vom Rad- und Gehweg aus an © Willi Pleschberger

Auf diesem fand sich das Paar in Begleitung eines Bekannten. Der 37 Jahre alte kroatische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Niederösterreich und Verwandten in Radenthein kam wohl auch gerade vom Osterfeuer bei Döbriach. Ebenso ein 22-jähriger Oberkärntner, der in diesem Moment ebenfalls Richtung Radenthein unterwegs war, allerdings hinter dem Steuer seines mindestens 260 PS starken Autos der Marke Audi. Auf Höhe der Erdmannsiedlung sei er während der Fahrt eingeschlafen, gab er später bei der Einvernahme durch die Polizei zu Protokoll.

In der langgezogenen Rechtskurve am Ende der Siedlung kam der Wagen von der Millstätter Straße, auf der in diesem Bereich Tempo 80 gilt, ab und fuhr geradeaus auf dem Geh- und Radweg weiter. Lisa L. und Ingo B. wurden von hinten vom Fahrzeug erfasst, der Kroate vom Auto gestreift. Für das Paar, das über Motorhaube und Windschutzscheibe geschleudert wurde, kam jede Hilfe zu spät, obwohl ein Anrainer sofort Rettung und Notarzt verständigte. "Die 34-jährige Frau und der 39-jährige Mann starben trotz aller Reanimationsversuche noch an der Unfallstelle", sagt Kommandant Josef Lackenbucher von der Polizeiinspektion Radenthein.

Das Unfallwrack wurde beschlagnahmt
Das Unfallwrack wurde beschlagnahmt © G. Lux

Der Kroate wurde mit Verletzungen an der Hand in das LKH Villach eingeliefert. Ein beim ebenfalls verletzten Autolenker durchgeführter Alkotest ergab, dass der 22-Jährige 1,72 Promille Alkohol im Blut hatte. Die Führerscheinabnahme an Ort und Stelle war eine "Formsache". Nach Abschluss der noch laufenden Untersuchungen zur Unfallursache erwartet den jungen Mann eine Anklage. Ein Sachverständiger soll nun unter anderem klären, wie schnell der Lenker unterwegs war. Das schwer beschädigte Fahrzeug wurde beschlagnahmt.

Das Osterfeuer am sogenannten Sauzipf-Gelände bei Döbriach brannte bis in die Morgenstunden
Das Osterfeuer am sogenannten Sauzipf-Gelände bei Döbriach brannte bis in die Morgenstunden © Georg Lux

Das Osterfeuer in Döbriach rauchte noch, als die ersten Trauernden an der Unfallstelle Kerzen entzündeten. Am Sauzipf-Gelände wollte am Sonntag niemand etwas zur Tragödie sagen, auch nicht zum Gerücht, dass sich der Lenker und Opfer gekannt haben sollen. Ingo B. arbeitete im RHI-Werk in Radenthein. Er ging jeden Tag zu Fuß zur Arbeit. In die nahe gelegene Wohnung war er erst vor einigen Monaten mit seiner Lebensgefährtin eingezogen.

Interview mit Josef Lackenbucher, Kommandant der Polizeiinspektion Radenthein: